Minister Reul und OB Keller informierten sich über die neue Sonderausstellung “Die Kommissare. Kriminalpolizei an Rhein und Ruhr 1920–1950”/Zudem startet die Gedenkstätte eine digitale Ausstellung
NRW-Innenminister Herbert Reul besuchte gemeinsam mit Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller am Dienstag, 1. Dezember, die Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf. Er informierte sich im Rahmen der neuen Sonderausstellung “Die Kommissare. Kriminalpolizei an Rhein und Ruhr 1920–1950” über die Möglichkeiten der historisch-politischen Bildungsarbeit zum Thema Polizeigeschichte im Nationalsozialismus. Der Minister ist Schirmherr der Sonderausstellung, deren Eröffnung aufgrund der derzeitigen Coronabeschränkungen bis auf Weiteres verschoben ist. Zu dem informellen Gedankenaustausch wurden Minister Reul und OB Keller von Dr. Bastian Fleermann, Leiter der Mahn- und Gedenkstätte, der stellvertretenden Leiterin Hildegard Jakobs und der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Dr. Andrea Ditchen in der Gedenkstätte empfangen.
Bei einem Rundgang durch die Gedenkstätte und die Sonderausstellung machte sich Minister Reul mit der Arbeitsweise der Mahn- und Gedenkstätte vertraut. Insbesondere anhand der neuen Sonderausstellung zur Geschichte der Kriminalpolizeileitstelle Düsseldorf im Nationalsozialismus wurden die didaktischen Anknüpfungspunkte für Polizistinnen und Polizisten heute vorgestellt und diskutiert.
“Mir liegt eine Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit diesem schweren Kapitel deutscher Polizeigeschichte zutiefst am Herzen”, betonte Innenminister Herbert Reul. “Deshalb habe ich auch die Schirmherrschaft der Ausstellung übernommen. Ich freue mich, dass die Ausstellung ab dem Sommer zudem als Wanderausstellung zur Verfügung stehen wird, sodass sie landesweit präsentiert werden kann.” In Kooperation mit dem Landeskriminalamt Düsseldorf sollen dann neben Gedenkstätten auch besonders Polizeidienststellen und ‑ausbildungsstätten als Ausstellungsräume genutzt werden.
Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller lobte die Arbeit der Kuratorinnen und des Gestalters Thomas Ullrich: “Mit dieser Sonderausstellung ist es dem Team gelungen, die Inhalte des 2018 abgeschlossenen Forschungsprojektes zur Düsseldorfer Kriminalpolizeileitstelle anschaulich und für jedermann verständlich zu präsentieren. Zudem danke ich der Landeszentrale für politische Bildung für die finanzielle Unterstützung dieses Ausstellungsprojektes. Ich hoffe sehr, dass uns die Pandemielage bald erlauben wird, diese Ausstellung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.”
Geschichte der Kriminalpolizei in Düsseldorf
Die von Hildegard Jakobs und Dr. Andrea Ditchen kuratierte Sonderausstellung nimmt die Geschichte der Kriminalpolizei in Düsseldorf in den Blick — von der Weimarer Republik bis zur frühen Nachkriegszeit. Sie räumt mit dem Image der “guten” Kriminalpolizei im Unterschied zur “bösen” Gestapo auf. Es war die Kripo, die Träger und Akteur der Verfolgung von Sinti und Roma, sozial randständiger und unangepasster Menschen war. Im auswärtigen Einsatz hinter der Kriegsfront waren Kriminalisten ebenso an Massenverbrechen beteiligt wie ihre Kollegen der Gestapo oder der Schutzpolizei. Die Ausstellung zeigt die Dimensionen kriminalpolizeilicher Verstrickung in die nationalsozialistischen Verbrechen ganz konkret für die Beamten der Düsseldorfer Kriminalpolizeileitstelle und deren Außenstellen an Rhein und Ruhr auf.
Die Ausstellung fragt nach Modernisierungstendenzen in der kriminalpolizeilichen Arbeit der Weimarer Zeit vor dem Hintergrund eines demokratischen Rechtsstaates und analysiert deren Entgrenzung unter den Vorzeichen der nationalsozialistischen Diktatur. Ab wann wandelten sich moderne Erkennungsdienstmethoden in Allmachtsfantasien über das Lebens- und Entwicklungsrecht von Menschen? Welches Menschenbild veranlasste Kriminalisten dazu, Menschen ohne konkret vollzogene Tat als Verbrecher in Konzentrationslager zu sperren und dort oftmals dem Tod preiszugeben? Im Wandel von der Weimarer Republik zum Nationalsozialismus änderten sich nicht nur Strukturen. Vor allem das Selbst- und Aufgabenverständnis der Kripo wandelte sich grundsätzlich. Kripo-Beamte definierten sich nun als “Ärzte” eines rassisch definierten “Volkskörpers”, aus dem es alles Schlechte herauszuschneiden und zu entfernen gelte. Kriminalität und gesellschaftliche Randständigkeit galten ihnen als ererbte Kategorien, die nur durch “Ausmerze” getilgt werden könnten. Unter dem Wegfall rechtsstaatlicher Schranken waren Kriminalbeamte bereit, Wiederholungstäter, Kleinkriminelle, Bettler und sozial randständige Menschen, Alkoholiker und Prostituierte als “Gewohnheitsverbrecher” und “Asoziale” zu überwachen, zu verhaften, zu sterilisieren oder zu entmannen und in Konzentrationslager zu deportieren. Gleiches geschah mit Homosexuellen oder mit den von der Kripo verfolgten Sinti.
Digitale Ausstellung startet
Für alle Interessierten, die bis zur Eröffnung der Ausstellung schon einmal in das Thema eintauchen wollen, bietet die Mahn- und Gedenkstätte eine kleine digitale Ausstellung an. Ab sofort wird auf der Facebook-Seite der Gedenkstätte an jedem Dienstagabend ein Objekt zur Geschichte der Kriminalpolizei vorgestellt. “Auf diese Weise wollen wir Facetten des Themas auch digital beleuchten, die Besucherinnen und Besucher dann zu einem späteren Zeitpunkt in der Sonderausstellung werden vertiefen können”, erläuterte Gedenkstättenleiter Dr. Bastian Fleermann.
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