Sir Wal­ter auf der Hein­rich Heine Allee Foto: LOKALBÜRO

 

Mit Urteil vom 19.02.2021 hat die 10. Kam­mer für Han­dels­sa­chen des Land­ge­richts Düs­sel­dorf (40 O 53/20) eine Ver­si­che­rung zur Zah­lung von Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen in Höhe von über 750.000,– € ver­ur­teilt. Die Bars in der Düs­sel­dor­fer Alt­stadt muss­ten jeden­falls 30 Tage im ers­ten Corona-Lock­down 2020 geschlos­sen werden.

Zwei Betrei­ber von drei bekann­ten Bars in der Düs­sel­dor­fer Alt­stadt hat­ten in den Jah­ren 2017 und 2018 bei der beklag­ten Ver­si­che­rung sog. Betriebs­schlie­ßungs­ver­si­che­run­gen abge­schlos­sen. In den Bedin­gun­gen der Ver­si­che­run­gen heißt es:

„Der Ver­si­che­rer leis­tet Ent­schä­di­gung für den Fall, dass von der zustän­di­gen Behörde auf­grund des Geset­zes zur Ver­hü­tung von Infek­ti­ons­krank­hei­ten beim Men­schen (Infek­ti­ons­schutz­ge­setz-IfSG) gemäß BII 4 § 1

- der ver­si­cherte Betrieb geschlos­sen wird gemäß B II 4 § 1 Nr. 1:

Unter B II 4 § 1 und § 2 heißt es:

§1 Ver­si­che­rungs­um­fang

Der Ver­si­che­rer leis­tet (…) Ent­schä­di­gung, wenn die zustän­dige Behörde auf­grund des Geset­zes zur Ver­hü­tung und Bekämp­fung von Infek­ti­ons­krank­hei­ten beim Men­schen (Infek­ti­ons­schutz­ge­setz – IfSG) beim Auf­tre­ten mel­de­pflich­ti­ger Krank­hei­ten oder Krank­heits­er­re­ger (siehe § 2)

 1. den ver­si­cher­ten Betrieb oder eine ver­si­cherte Betriebs­stätte des ver­si­cher­ten Betrie­bes zur Ver­hin­de­rung der Ver­brei­tung von mel­de­pflich­ti­gen Krank­hei­ten oder Krank­heits­er­re­gern beim Men­schen schließt; …

§ 2 Mel­de­pflich­tige Krank­hei­ten und Krankheitserreger

Mel­de­pflich­tige Krank­hei­ten oder Krank­heits­er­re­ger im Sinne die­ser Bedin­gun­gen sind die fol­gen­den, im IfSG in den §§ 6 und 7 nament­lich genann­ten Krank­hei­ten oder Krankheitserreger;

Bei den auf­ge­zähl­ten Krank­hei­ten und Krank­heits­er­re­gern ist das Virus SARS-CoV2 nicht auf­ge­führt. Die Klä­ger schlos­sen ihre drei Bars auf­grund der All­ge­mein­ver­fü­gung der Lan­des­haupt­stadt Düs­sel­dorf vom 18.03.2020 zum Schutz der Bevöl­ke­rung vor dem Virus SARS-CoV‑2.

Die Klä­ger ver­lan­gen von der Ver­si­che­rung 75 % des Tages­um­sat­zes des Vor­jah­res für 30 Tage, also den ver­ein­bar­ten Versicherungszeitraum.

Die 10. Kam­mer für Han­dels­sa­chen hat den Ver­si­che­rungs­schutz für die drei Bars bejaht und die beklagte Ver­si­che­rung zur Zah­lung von 764.138,63 € verurteilt.

Die Bars hät­ten nach der All­ge­mein­ver­fü­gung der Lan­des­haupt­stadt Düs­sel­dorf vom 18.03.2020, die sich auf die Rege­lun­gen des Infek­ti­ons­schutz­ge­set­zes bezog, geschlos­sen wer­den müssen.

Der Ver­si­che­rungs­fall sei auf­grund der Schlie­ßung ein­ge­tre­ten. Der zuge­las­sene Außer­haus­ver­kauf habe nicht zum Kern­be­reich des Geschäfts­mo­dells der drei Bars gehört. Die Bar­be­trei­ber müss­ten sich nicht auf eine zwar mög­li­che, aber unter­neh­me­risch nicht wirt­schaft­lich durch­zu­füh­rende Alter­na­tive ver­wei­sen lassen.

Ver­si­che­rungs­schutz bestehe, auch wenn zum Zeit­punkt der All­ge­mein­ver­fü­gung vom 18.03.2020 natur­ge­mäß der Erre­ger SARS-CoV2 noch nicht in der Liste der im Infek­ti­ons­schutz­ge­setz auf­ge­führ­ten Krank­hei­ten auf­ge­nom­men war. Die Klau­sel in den Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen, die den Ver­si­che­rungs­fall auf die im alten Infek­ti­ons­schutz­ge­setz aus­drück­lich auf­ge­führ­ten Erre­ger beschränke, sei unan­ge­mes­sen benach­tei­li­gend und des­halb nach § 307 BGB unwirk­sam. Auch gegen­über einem Kauf­mann habe die Ver­si­che­rung nicht aus­rei­chend klar her­aus­ge­stellt, dass der Ver­si­che­rungs­schutz für neu ent­ste­hende Krank­hei­ten aus­ge­schlos­sen sei.

Inwie­weit Ver­si­che­run­gen auch Betriebs­schlie­ßun­gen erfas­sen, die 2020 wegen des Corona Virus erfol­gen muss­ten, wird in der Recht­spre­chung der­zeit nicht ein­heit­lich gese­hen. Zuletzt hatte die 9. Zivil­kam­mer des Land­ge­richts Düs­sel­dorf am 09.02.2021 den Ver­si­che­rungs­schutz ver­neint, siehe Pres­se­mit­tei­lung des Land­ge­richts Düs­sel­dorf vom 09.02.2021.

Gegen das Urteil kann das Rechts­mit­tel der Beru­fung zum Ober­lan­des­ge­richt Düs­sel­dorf ein­ge­legt werden.