Hetjens — Deutsches Keramikmuseum
Das Museum präsentiert ab Freitag, 18. Juni, den neuen Tisch des Monats
Ob Dürer, Goethe oder Rudi Schuricke: Die Italiensehnsucht scheint bei den Deutschen genetisch zu sein. Gondelfahrt im Mondschein, Sonnenuntergang bei Capri und Goldorangen, die im dunklen Laub leuchten, sind nur einige der vielen Bilder dieser Sehnsucht nach dem Süden. Nun widmet sich das Hetjens — Deutsches Keramikmuseum, Schulstraße 4, mit seinem neuen Tisch des Monats dieser Sehnsucht. Den Tisch mit dem Title “Dolce Vita am Rhein” können Besucherinnen und Besucher ab Freitag, 18. Juni, entdecken.
Bereits im 15. Jahrhundert entwickelte sich in Italien eine eigene Art von glasierter Keramik, die als “Majolika” bezeichnet wird. Der Name leitet sich von der Insel Mallorca ab, von wo aus die spanischen Fayencen damals nach Italien importiert wurden. Einflüsse für die Gestaltung kamen nicht allein aus Spanien, sondern auch aus dem Vorderen Orient. Wichtige Herstellungsorte in Italien waren Faenza und Florenz.
“Majoliken” aus Deruta Das Service auf dem Tisch des Monats wurde im Familienbetrieb Ubaldo Grazia in Deruta gefertigt. Die Familie Grazia stellt seit 1500 qualitätvolle “Majoliken” her und gibt das Wissen hierzu von Generation zu Generation weiter. Auf der weißen Glasur kommen die intensiven Farben der Dekore besonders strahlend zur Geltung.
In der Vergangenheit zählten Adel und Klerus zu den wichtigsten Kunden der Familie Grazia. Auch die Pilger, die das nahegelegene Grab des Heiligen Franz von Assisi besuchten, nahmen nicht selten “Majoliken” aus Deruta als frühes Souvenir mit nach Hause. Das ausgestellte Service stammt aus den 1950er-Jahren, als das Reisefieber in den Süden ausbrach und die Sehnsucht nach dem italienischen Dolce Vita für die Deutschen besonders groß war.
Die “Majoliken” aus Deruta, einem malerischen Städtchen südlich von Perugia, entsprechen stilistisch ganz der kurzen Epoche der Hochrenaissance. Die breiten Ränder in kräftigen Farben sowie die stilisierten Ranken auf den Tellerfahnen sind dabei charakteristisch.
Die italienische Renaissance war eine Blütezeit der “Majolika”. Auch Johann Wolfgang Goethe sammelte sie und schätzte besonders die kontrastreiche Farbgebung von leuchtenden blauen und warmen gelben Tönen, die ihn an die Sonne Italiens erinnerten. Die Bildwelt auf “Majoliken” der italienischen Renaissance ist häufig der Mythologie des klassischen Altertums entlehnt.
Das Städtchen Deruta ist Mitglied der Vereinigung “I borghi più belli d’Italia” (Die schönsten Orte Italiens). In Deruta wird seit dem Mittelalter bis in unsere Zeit Keramik produziert, die noch immer größtenteils handbemalt wird. Auch die Keramiken für die Sakristei der Basilika San Pietro in Perugia stammen aus Deruta.
Natürlich darf für das Dolce Vita auch ein gutes Gläschen Wein nicht fehlen. Wenn es dann noch Gott Bacchus persönlich serviert, ist das Glück vollkommen. Auch diese Szenerie ist in Keramik gefasst auf dem Tisch zu finden: Als frecher Knabe mit Traubenkrone sitzt Bacchus auf einem gut gefüllten Fass und prostet seinem Gegenüber zu. Entstanden ist das weinselige Ensemble um 1770 im norddeutschen Eckernförde.