Die Architektin Christiane Voigt hat sich in die Diskussion um den Worringer Platz in der Nähe des Düsseldorfer Hauptbahnhofs eingeschaltet.
Hubert Osendorf nimmt zu der Problematik des Zauns wie folgt Stellung:
Die Errichtung eines Zaunes (oder einer Mauer, die ja nie jemand beabsichtigt hat, zu bauen) ist nicht nur unzeitgemäß, ausgrenzend und diskriminierend. Sie nimmt nicht nur Obdachlosen den Lebensraum und die berechtigte Aufenthaltsmöglichkeit in der Öffentlichkeit. Die Errichtung eines Zaunes am Worringer Platz ist auch ein unerhörter Eingriff in ein künstlerisches Konzept und ein Affront gegen das Urheberrecht und wäre an einer anderen Stelle in der Landeshauptstadt Düsseldorf, an der sich keine Obdachlosen regelmäßig aufhalten, sicher nicht denkbar. Fiftyfifty fordert den Rückbau des Zaunes und Wiederherstellung des Worringer Platzes nach den ursprünglichen Plänen. Wir treten für ein Miteinander von Obdachlosen und anderen Bürger*innen ein. Vertreibung ist kein Lösung. Zumal ja auch an anderen Plätzen und Straßen, in denen Außengastronomie stattfindet, keine Zäune errichtet werden, um angeblich nicht erwünschte Menschen auszuschließen.
Hier der offne Brief von Christiane Voigt im ungekürzten originalen Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Hinkel,
der Rheinischen Post (12.08.2021) kann ich entnehmen, dass Sie zur gegenwärtigen Situation am Worringer Platz die Einrichtung eines Runden Tisches planen. Die Errichtung eines Zaunes auf dem Worringer Platz hat mich sehr betroffen gemacht. Der Zaun entzieht einen großen Teil des Platzes der öffentlichen Nutzung, die in unserem Entwurf als eine zentrale Voraussetzung der Aufenthaltsqualität vorgesehen war.
Die Gestaltung des Worringer Platzes durch das Architektur‑, Stadtplanungs- und Landschaftsarchitekturbüro CONTUR 2 und den bildenden Künstler Jürgen LIT Fischer wurde im März 2004 vom Rat der Stadt Düsseldorf beschlossen und im Juli 2005 fertiggestellt. Der Umsteige- und Aufenthaltsplatz wurde und wird durch Menschen zu Fuß, per Rad, Auto und öffentlichen Nahverkehr stark frequentiert. Planungsziel war eine robuste Aufenthaltsqualität für alle Menschen. Als Entwurfsbausteine dienten:
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- - Grünes Pflaster zur Identifikation des Platzes
- - Rahmende Bänke – als Abschottung zum fließendem Verkehr
- - Erhaltener Baumbestand – für Schatten und Leben
- - Grünes Licht – für Aufenthaltsqualität nachts nach gleichnamiger Legende
- - Künstler-Glashaus und später „Grüne Insel“ – für soziale Kontrolle und Durchmischung durch Belebung.
Glashaus und „Grüne Insel“, Bänke und Bäume bestehen noch heute, ebenso Aufenthaltsmöglichkeiten für Umsteigende, Fußgänger, Suchtkranke, Wohnungs- und Obdachlose. Der Zaun schränkt diese Funktionen nun beträchtlich ein.
Die Aufwertung des Düsseldorfer Bahnhofsumfelds (z.B. am Immermannhof) hat in den vergangenen Jahren zu einer Konzentration sozialer Problemlagen auf dem Worringer Platz geführt und den Druck auf diesen besonderen Stadtraum zusätzlich erheblich erhöht. Eine langfristige und nachhaltige Sicherung des beschlossenen Konzeptes ist nur möglich durch
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- - die behutsame Weiterentwicklung des Entwurfs,
- - den Abbau innerer Barrieren wie dem Zaun,
- - eine kurzintervallige intensive Pflege von Platz und Möblierung,
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- die regelmäßige sachkundige Wartung der Beleuchtung und
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- die Ermöglichung alternativer Nutzungen in der „Grünen Insel“.
Ich möchte Sie bitten, diese Aspekte im Rahmen Ihrer Beratungen am Runden Tisch zu berücksichtigen. Zur Ehrenrettung des Worringer Platzes muss man sagen: Er ist einer von vielen öffentlichen Räumen, die viel Aufmerksamkeit für die Bearbeitung sozialer Probleme benötigen – in Zukunft immer mehr …
Mit freundlichen Grüßen