Gemeinsam mit der Mahn- und Gedenkstätte arbeitet der Professor für Kommunikationswissenschaften seine Fluchtgeschichte auf
Ein ganz besonderer Besuch: Am Freitag, 3. September, empfing Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller den ehemaligen Düsseldorfer Gary Gumpert im Rathaus der Landeshauptstadt. Gary Gumpert und seine Familie wurden in der Zeit des Nationalsozialismus als Juden verfolgt und mussten fliehen — inzwischen lebt der emeritierte Professor für Kommunikationswissenschaften in den USA, wo er bis heute aktiv forscht, arbeitet und berät. Nach seinem ersten Besuch im Jahr 2016 steht Gary Gumpert in Kontakt mit der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, seit diesem Frühjahr arbeitet er in intensivem Austausch die Geschichte seiner Familie auf.
Gary Gumpert ist im Besitz eines umfangreichen Familienbriefnachlasses, der sich ihm aufgrund der alten Handschriften und der deutschen Sprache lange Zeit nicht erschloss. Die Mahn- und Gedenkstätte ermöglicht ihm derzeit eine Transkription der zahlreichen Schriftstücke und darf die Scans der Originalbriefe in ihre Sammlung aufnehmen. In einem zweitägigen Besuch wurden jetzt die zahlreichen Informationen, die sich aus den Briefen ergeben, kontextualisiert und zu weiteren Familiendokumenten und Erinnerungsfragmenten in Bezug gesetzt.
Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller: “Die Verbrechen aus der Zeit des Nationalsozialismus dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Ich danke Gary Gumpert sehr dafür, dass er die persönlichen Briefe seiner Familie mit der Mahn- und Gedenkstätte und so mit den Düsseldorferinnen und Düsseldorfern teilt. Sie führen vor Augen, wie die Verfolgung durch die Nationalsozialisten das bisherige Leben der Betroffenen zerstörte und sind für die Forschungs- und Bildungsarbeit zum Nationalsozialismus in unserer Stadt von unschätzbarem Wert.”
Gary Gumpert wurde am 21. Januar 1933 als Gert Gumpert in Mülheim an der Ruhr geboren. Seine Eltern, Emmy (geb. Levy) und Erich, zogen mit dem kleinen Gert schon im August 1934 in die Düsseldorfer Cranachstraße 19. Hier wuchs Gary Gumpert bis zu seinem fünften Lebensjahr auf. Während der Zeit des Nationalsozialismus bemühte sich Erich Gumpert intensiv um die Ausreise seiner eigenen Familie, seiner Brüder Karl und Max und seiner Eltern im hessischen Niedenstein. Wegen dieser Bestrebungen, verbunden mit dem Transfer von Wertsachen ins Ausland und zahlreicher Reisen, wurde Erich Gumpert durch die Gestapo Düsseldorf beobachtet. Ende Juli 1938 flohen Erich, Emmy und Gert Gumpert in die Niederlande, wo sie in Amsterdam darauf warteten, in die USA weiterreisen zu dürfen. Am 9. Dezember 1939 bestiegen sie das Schiff “Zaandam” in Rotterdam in Richtung New York.
Mithilfe der Brieftranskripte erhält Professor Gumpert nun eine neue Perspektive auf seine Fluchtgeschichte: Die umfassenden Bemühungen seines Vaters um das Wohl der Familie treten ebenso klar hervor wie die vielen Rückschläge durch Ein- und Ausreisebestimmungen und die Entwicklung der politischen Lage. Familienmitglieder, wie die früh in der Emigration verstorbene Großmutter oder den 1942 in Auschwitz ermordeten Onkel Max, kann er in ihren Briefen an seine Eltern neu kennenlernen.