Blick in die Aus­stel­lung ‘Erin­ne­rungs­geis­ter und Hoff­nungs­lich­ter’ im Thea­ter­mu­seum Düs­sel­dorf — Raum 2: ‘Geschichte wird gemacht: Impulse Thea­ter Festival’,©Landeshauptstadt Düsseldorf/Uwe Schaffmeister

 

Ab 10. Okto­ber: Herbst- und Win­ter­pro­gramm 2021/22 mit Aus­stel­lun­gen, Instal­la­tion, Thea­ter­auf­füh­run­gen und Mitmachangeboten

In sei­nem Aus­stel­lungs- und Ver­an­stal­tungs­pro­gramm für den Herbst und Win­ter 2021/22 lädt das Thea­ter­mu­seum Düs­sel­dorf zur Begeg­nung mit den viel­fäl­ti­gen Geis­tern ein, die das Thea­ter seit Jahr­hun­der­ten fest im Griff haben. In drei Aus­stel­lun­gen sowie Ver­mitt­lungs­an­ge­bo­ten und Auf­füh­run­gen wer­den beson­ders jene Erin­ne­rungs­geis­ter beschwo­ren, mit denen die Men­schen wäh­rend der Corona-Krise ihre Sehn­sucht nach der Rück­kehr auf, vor und hin­ter die Bühne genährt haben.

Unter dem Titel “Erin­ne­rungs­geis­ter und Hoff­nungs­lich­ter” haben ab dem 10. Okto­ber nicht nur Bil­der ver­las­se­ner Thea­ter­räume, Archiv­ge­schich­ten des Freien Thea­ters und ganz per­sön­li­che Rituale des Thea­ter­be­suchs ihren Auf­tritt. In der Begeg­nung mit den reich­hal­ti­gen Momen­ten der Kul­tur­ge­schichte wer­den die Muse­ums­be­su­che­rin­nen und ‑besu­cher auch ani­miert, in ihren ganz per­sön­li­chen Erin­ne­rungs­schät­zen zu kra­men und mit den aus­ge­stell­ten Objek­ten letzt­lich in einen Dia­log zu tre­ten. Thea­ter­ge­schichte als Spiel­feld von Kul­tur­ge­schichte und per­sön­li­chen Erin­ne­run­gen zu betrach­ten, steht im Zen­trum des Kon­zepts für das Thea­ter­mu­seum unter der neuen Lei­tung von Dr. Sascha Förs­ter. Das Pro­gramm bis zum 20. Februar umfasst die drei Kabi­nett­aus­stel­lun­gen “Ghost Light: Reform­hoff­nun­gen des Thea­ters”, “Geschichte wird gemacht: Thea­ter Fes­ti­val Impulse” und Theater|Zuschauer*innen|Archiv”.

#1 Ghost Light: Reform­hoff­nun­gen des Theaters
Aus­gangs­punkt der Aus­stel­lung “Ghost Light: Reform­hoff­nun­gen des Thea­ters” ist ein tat­säch­li­ches Ghost Light – jenes Licht, das vor allem im ame­ri­ka­ni­schen Thea­ter vom Sturz von der Bühne schützt und gleich­zei­tig im Aber­glau­ben der Thea­ter­leute den Geis­tern den Weg durch das leere Thea­ter weist. Wäh­rend der Corona-Krise wurde es jedoch um die Bedeu­tung als Hoff­nungs­licht ergänzt. Daher ver­sam­melt das Thea­ter­mu­seum im Licht­schein des Ghost Lights Hoff­nungs­wün­sche von Thea­ter­ma­chen­den aus Nord­rhein-West­fa­len, die für die Aus­stel­lung abge­fragt wur­den. Um dabei ebenso die Aus­wir­kun­gen der Corona-Krise auf das Thea­ter zu doku­men­tie­ren, prä­sen­tiert das Thea­ter­mu­seum Foto­gra­fien der eng­li­schen Video­künst­le­rin Nina Dunn. Sie hat im Juni 2020 vier, in Folge des Lock­downs leere, West-End-Thea­ter besucht und dabei die Aus­wir­kun­gen der Zwangs­pause im Bild fest­ge­hal­ten: Abge­sperrte Ein­gangs­tü­ren, ver­staubte Requi­si­ten, dunkle Hin­ter­büh­nen und von Mäu­sen ange­fres­sene Rol­len­bü­cher. Die Foto­gra­fien zeich­nen sich durch eine Melan­cho­lie aus, denen gleich­zei­tig eine Hoff­nung für die Rück­kehr des bun­ten Tru­bels in die stil­len Gebäude ein­ge­schrie­ben ist.

Für die Aus­stel­lung hat das Team des Thea­ter­mu­se­ums die Samm­lungs­be­stände zudem nach frü­he­ren Kri­sen­si­tua­tio­nen durch­sucht, in denen die Dar­stel­len­den Künste Reform­hoff­nun­gen rea­li­siert haben: Wenige Wochen nach der Novem­ber­re­vo­lu­tion 1918 führte das Schau­spiel­haus Düs­sel­dorf bei­spiels­weise Georg Kai­sers Stück “Gas” auf, das eine sozia­lis­ti­sche Uto­pie por­trä­tiert. Dra­ma­tur­gisch betreut wurde das Stück von dem bekann­ten Sozia­lis­ten Gus­tav Land­auer, der sich in der baye­ri­schen Räte­re­pu­blik enga­gierte. In einer Zeit, in der das Deut­sche Reich nach einer neuen Staats­form suchte, wurde auf der Bühne eine Reform­hoff­nung auf­ge­führt, die sogar über das Thea­ter hin­aus Aus­wir­kun­gen gehabt hätte. Zum Abschluss der Aus­stel­lung wer­den ein­zelne Bei­spiele von ‚Corona-Ghost-Lights‘ vor­ge­stellt. So zum Bei­spiel vom Natio­nal Theatre of Scot­land, das eine Vide­oper­for­mance kre­iert hat, die dem eige­nen Reper­toire auf der Hin­ter­bühne des Edin­burg­her Fes­ti­val Theatre nachspürt.

#2 Geschichte wird gemacht: Impulse Thea­ter Festival
In “Geschichte wird gemacht: Impulse Thea­ter Fes­ti­val” wer­den die Erin­ne­rungs­geis­ter die­ses weg­wei­sen­den Fes­ti­vals des Freien Thea­ters als künst­le­ri­sche Posi­tio­nen leben­dig. Im Rah­men sei­nes drei­ßig­jäh­ri­gen Jubi­lä­ums lud das Fes­ti­val Thea­ter­schaf­fende zur Aus­ein­an­der­set­zung mit den Archiv­be­stän­den ein; die ent­stan­de­nen Arbei­ten wur­den im Rah­men der dies­jäh­ri­gen Fes­ti­val­aus­gabe prä­sen­tiert. Für die Aus­stel­lung im Thea­ter­mu­seum wur­den aus­ge­wählte Arbei­ten für den Stand­ort Hof­gärt­ner­haus neu kura­tiert. Chris­tina Irr­gangs Video-Reihe “Cho­rus” und die Smart­phone-App “Impulse-Fon” von Inter­ro­bang ermög­li­chen im ers­ten Raum die Begeg­nung mit kon­kre­ten Spu­ren des Impulse-Archivs. Im zwei­ten Aus­stel­lungs­raum wird das Archiv erwei­tert zu einer Spiel­wiese für die Doku­men­ta­tion der eige­nen Künst­ler­bio­gra­fien wie bei Çakey Blonds “100 Män­ner, 100 Kuchen, 100 (Pop-)Diven” oder in “Anna Kpok auf der Suche nach der kol­lek­ti­ven Zeit” oder von Fake-Requi­si­ten ehe­ma­li­ger Fes­ti­val­auf­füh­run­gen in not­foun­dy­ets “Objet Trouvé”. Çakey Blond wer­den ihre auto­bio­gra­fi­sche Archiv­be­trach­tung als Teil der Aus­stel­lung in einer Per­for­mance-Lesung am 23. und 24. Okto­ber fort­set­zen. Die Video­ar­bei­ten “Ghos­ted Archi­ves” von Tuğba und Tunay Önder unter­zie­hen die Macht­struk­tu­ren von Archi­ven einer kri­ti­schen Befra­gung und stel­len inmit­ten des Thea­ter­mu­se­ums auch die Frage nach den Lücken von Migra­ti­ons­ge­schich­ten in den Sammlungsbeständen.

#3 Theater|Zuschauer*innen|Archiv
Das “Theater|Zuschauer*innen|Archiv” stellt sich in einem Aus­stel­lungs- und Ver­mitt­lungs­pro­jekt einer ande­ren Lücke der Samm­lun­gen des Thea­ter­mu­se­ums: Den Geschich­ten des Publi­kums. Denn gesam­melt wird in Thea­ter­ar­chi­ven immer wie­der nur die Kunst der Bühne; die Men­schen, die ins Thea­ter gehen, um sich an die­ser Kunst zu erfreuen, gera­ten dabei in Ver­ges­sen­heit. Im “Theater|Zuschauer*innen|Archiv” wer­den wäh­rend der gesam­ten Lauf­zeit der Aus­stel­lung Thea­ter­be­su­che­rin­nen und ‑besu­cher inter­viewt und berich­ten von ihren per­sön­li­chen Erin­ne­run­gen und las­sen an ihren wich­ti­gen Thea­ter­mo­men­ten teil­ha­ben. Aus­schnitte aus die­sen Inter­views wer­den fort­lau­fend für die Besu­che­rin­nen und Besu­cher ergänzt und hör­bar gemacht, wäh­rend an den Wän­den sich jenes Bild­ma­te­rial aus den Samm­lun­gen des Thea­ter­mu­se­ums befin­det, auf denen Publi­kum tat­säch­lich por­trä­tiert wurde. Chiara Ferraus Foto­gra­fien etwa rücken die “Hand­lun­gen” der Zuschaue­rin­nen und Zuschauer wäh­rend eines Thea­ter­abends ins Zen­trum, vom Betre­ten des Thea­ters bis zum Schluss­ap­plaus. Wer für die eige­nen Erin­ne­run­gen und Rituale des Thea­ter­be­suchs noch etwas Inspi­ra­tion benö­tigt, fin­det sie in den Archiv­bo­xen, in denen die lieb gewon­ne­nen Abläufe des Thea­ter­be­suchs bekann­ter und weni­ger bekann­ter Zuschaue­rin­nen und Zuschauer doku­men­tiert sind. Von Louise Dumonts Wunsch, wie Thea­ter auf ihr Publi­kum wir­ken möge, bis zu Einar Schle­efs Kind­heits­er­in­ne­run­gen zei­gen Texte, Foto­gra­fien und einige Objekte die Wir­kungs­kraft des Thea­ters auf sein Publikum.

Mit dem “Theater|Zuschauer*innen|Archiv” unter­nimmt das Thea­ter­mu­seum einen nächs­ten Schritt hin zu einem brei­te­ren Ver­mitt­lungs­be­griff, der alle Alters­grup­pen umfasst und kul­tu­relle Bil­dung und Aus­stel­lung als dia­lo­gi­sches Ver­hält­nis denkt. Die­ser Anspruch an die Ver­mitt­lung drückt sich auch in spe­zi­el­len Text­ta­feln aus, die sich bewusst an ein jun­ges Publi­kum rich­ten und alle drei Aus­stel­lun­gen durchziehen.

Ver­an­stal­tun­gen und kul­tu­relle Bildung
Das Pro­gramm “Erin­ne­rungs­geis­ter und Hoff­nungs­lich­ter” erschöpft sich nicht in den drei Aus­stel­lun­gen, son­dern prägt ebenso die Ver­an­stal­tun­gen der kom­men­den Monate. Beson­ders pro­mi­nent für die Besu­che­rin­nen und Besu­cher des Muse­ums wird die wach­sende Instal­la­tion “1.000 Kra­ni­che” im Ein­gangs­be­reich des Hof­gärt­ner­hau­ses sein. Immer mehr durch die Besu­che­rin­nen und Besu­cher selbst gebas­telte Kra­ni­che, die im Japa­ni­schen als Hoff­nungs­sym­bole gel­ten, wer­den hier in eine posi­tive Zukunft flie­gen. Die Instal­la­tion kre­iert Schnitt­stelle Kunst. Neben dem Gast­spiel von Çakey Blond wird in Koope­ra­tion mit dem Eng­lish Theatre Düs­sel­dorf eine wei­tere Insze­nie­rung für das Pro­gramm zen­tral sein. Als Neu­pro­duk­tion fei­ert am 12. Novem­ber David Hares Covid-19-Mono­log “Beat the Devil” in der Regie von Ilya Paren­teau Pre­miere in der Stu­dio­bühne Dumont.

Im Ange­bot der kul­tu­rel­len Bil­dung wer­den Kin­der und Jugend­li­che ab zehn Jah­ren in einem Mine­craft-Work­shop ihr Thea­ter der Zukunft bauen. Zuvor lädt das Thea­ter­mu­seum am Wochen­ende des 30. und 31. Okto­ber zum Geis­ter­tanz: In Mit­mach-Ange­bo­ten wie Schattentheater‑, Requi­si­ten- oder Mas­ken­work­shops für Klein und Groß ab fünf Jah­ren wer­den die Geis­ter der Erin­ne­rung leben­dig und ver­wan­deln das Hof­gärt­ner­haus für ein Wochen­ende in ein “Geis­ter­haus.” Das gesamte Pro­gramm fin­det sich auf der Web­seite des Thea­ter­mu­se­ums unter www.duesseldorf.de/theatermuseum.

Publi­ka­tio­nen
Als ein­zi­ger Stand­ort in Deutsch­land ver­kauft das Thea­ter­mu­seum den Bild­band “Stan­ding By” (20 Euro) mit Nina Dunns Foto­gra­fien ver­las­se­ner West-End-Thea­ter. Die Besu­che­rin­nen und Besu­cher kön­nen sich in den Bil­dern ver­tie­fen und in der Lek­türe der Inter­views mit den Thea­ter­schaf­fen­den über ihre eige­nen Wün­sche für das Thea­ter nach Corona nach­den­ken. Solch ein Nach­den­ken ist auch im Band “Ler­nen aus dem Lock­down” (14 Euro) des Impulse Thea­ter Fes­ti­vals doku­men­tiert, der eben­falls im Thea­ter­mu­seum zu erwer­ben ist.

Café
Im Rah­men der Neu­auf­stel­lung des Thea­ter­mu­se­ums unter der neuen Insti­tuts­lei­tung von Dr. Sascha Förs­ter, die neben einem kul­tur­his­to­ri­schen Schwer­punkt für das Aus­stel­lungs­pro­gramm das Hof­gärt­ner­haus als einen sozio­kul­tu­rel­len Ort der Begeg­nung fokus­siert, wurde das Café zum Café Louise — in Anleh­nung an Louise Dumont — umbe­nannt und neu gestal­tet. Die bunt zusam­men­ge­stell­ten Möbel erin­nern an den Fun­dus des Schau­spiel­hau­ses, aus dem ein klei­ner Anteil an Requi­si­ten im Café aus­ge­stellt wird. Die Umge­stal­tung des Cafés wird in den kom­men­den Mona­ten fortgesetzt.