Anlässlich des Jubiläums des Theaters an der Ruhr ist vom 23. April bis 24. Juli eine Sonderausstellung im Hofgärtnerhaus zu sehen
Das Theater an der Ruhr darf auf 40 Jahre Theatergeschichte mit verschiedenen Inzenierungen und Projekten in Mülheim an der Ruhr aber auch auf der ganzen Welt verteilt zurückblicken. Das Jubiläum wird gemeinsam mit dem Theatermuseum Düsseldorf im Rahmen einer Sonderausstellung gefeiert. Vom 23. April bis zum 24. Juli erhalten die Besucherinnen und Besucher des Hofgärtnerhauses unter dem Titel “Man muss sich an morgen erinnern – 40 Jahre Theater an der Ruhr” Einblicke in das Schaffen des Theaters, das 1981 von Roberto Ciulli, Helmut Schäfer und Gralf-Edzard Habben begründet wurde — coronabedingt musste das Jubiläum um ein Jahr verschoben werden.
Sascha Förster, Leiter des Theatermuseums: “Für das Theatermuseum ist es eine besondere Freude, mit dem Theater an der Ruhr gemeinsam auf 40 Jahre einzigartiger, fantasievoller und international einflussreicher Theaterarbeit zurückzublicken. Wegen der besonderen theaterhistorischen Bedeutung dieses Theaters, ist diese Zusammenarbeit sowohl für das Theater an der Ruhr als auch für das Düsseldorfer Theatermuseum ein Gewinn. Mit Elisabeth Strauß wurde für die Konzeption und Durchführung eine inspirierte Kuratorin gefunden, die mit Blick aufs Detail und großem Respekt vor den ästhetischen Besonderheiten des Theaters an der Ruhr einen bildstarken Kosmos geschaffen hat.”
Dialog zwischen Gegenwart und Vergangenheit
Die Ausstellung, die von Elisabeth Strauß kuratiert wurde, ist jedoch keineswegs rückblickend oder gar chronologisch angelegt. Besucherinnen und Besucher werden vielmehr Teil eines vitalen Dialogs von Bildern aus der Gegenwart und Vergangenheit, von Erinnerung und Erfahrung. Ausgangspunkt ist das Zitat des Lyrikers und Dramatikers Federico García Lorca “man muss sich an morgen erinnern”. Die Schau umfasst dabei raumfüllende Fotografien, Kostüme und Requisiten, Dokumentationen und Backstage-Bilder, von Figurinen und einem geradezu ikonischen Bühnenbildmodell.
Im ersten Ausstellungsraum können Besucherinnen und Besucher das gewaltige Bildgedächtnis des Theaters betreten. Umgeben von menschenhohen Fotografien von Inszenierungen wie “Quartett” (2018) oder “Kaspar” (1987) werden Erinnerungen an frühere Theaterbesuche wachgerufen. In der Mitte des Raumes entführt das Bühnenbildmodell von Gralf-Edzard Habben zurück ins Jahr 1987 und zur Inszenierung von Slobodan Šnajders “Der kroatische Faust”. Der zweite Raum präsentiert auf einer riesigen Weltkarte die Gastspielreisen nach Tunis, Istanbul, Taschkent und an viele weitere Orte.
Historische Dokumentationen und Fernsehberichte zeugen von der Begeisterung für die Arbeit von Ciulli und seinem Team. Ein besonderer Fokus im dritten Ausstellungraum liegt auf der Arbeit des 1993 verstorbenen Kostümbildners Klaus Arzberger. Material, das sonst für das Theaterpublikum unsichtbar bleibt, wird hier zugänglich gemacht. So sind unter anderem seine Figurinen zu “Drei Schwestern” (1991) oder “Lulu” (1986) aus nächster Nähe und im Zusammenspiel mit den originalen Kostümen und Requisiten zu bewundern.
Das Zentrum bildet ein Kubus mit Aufführungssequenzen
Im Zentrum der Ausstellung aber steht ein fast transparenter Kubus, der mit hunderten von Aufführungssequenzen die Betrachterinnen und Betrachter in seinen Bann ziehen will. Das preisgekrönte italienische Kollektiv “Anagoor” hat diese Sequenzen für eine immersive Videoinstallation zeitlich und thematisch nebeneinandergestellt, um die Verdichtung von Zeit auf der Bühne zu versinnlichen, die Ciulli und sein Ensemble stets verfolgt haben. Dadurch lassen sich sowohl für Wegbegleiterinnen und Wegbeleiter des Theaters an der Ruhr als auch für Besucherinnen und Besucher, die erstmals mit diesem Theater in Kontakt kommen, vielfältige Bezüge herstellen. Dieses “Gespräch mit Bildern” aus verschiedenen Zeiten soll bei den Gästen überraschende Assoziationen erzeugen, die auch nach der Ausstellung noch vor dem inneren Auge nachwirken.
Das Theater an der Ruhr
In der deutschen Theaterlandschaft ist das Theater an der Ruhr ein künstlerisches und vor allem auch strukturelles Unikat, das sich seit seiner Gründung den Regeln des Stadt- und Staatstheaterbetriebs zu entziehen weiß. Eingerichtet wurde das Theater also, um sich nicht mehr dem Druck immer neuer Produktionen zu unterwerfen. Stattdessen wollte man selbst entscheiden können, wie lange eine Inszenierung geprobt werden müsse. An die Stelle der Wünsche der Abonnentinnen und Abonnenten trat die Fokussierung auf die gemeinsame Arbeit von Regieteam und Ensemble an der Kunst der Bühne. Da dies in den bestehenden Institutionen nicht möglich war, kam es 1981 zur Theaterneugründung in Mülheim an der Ruhr.
Der Katalog zur Ausstellung
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit zahlreichen Fotografien der Ausstellung, die von Beiträgen zur Geschichte und Gegenwart des Theaters an der Ruhr sowie von lyrischen Texten begleitet werden. Der Katalog ist für 25 Euro im Theatermuseum und im Theater an der Ruhr zu erwerben.
Begleitprogramm
Am Mittwoch, 11. Mai, 19 Uhr, lädt der Berliner Wissenschaftler Dr. Jonas Tinius (Humboldt-Universität) im Theatermuseum zu einem Vortrag über seine anthropologische Forschung zum Theater an der Ruhr ein. In Kooperation mit dem Düsseldorfer Schauspielhaus wird Roberto Ciulli zudem an vier Sonntagen im Mai und Juni verschiedene Gäste zu diversen Themen zum Gespräch einladen. Die Gespräche finden im Kleinen Haus des Düsseldorfer Schauspielhauses statt.
- 24. Mai, 19.30 Uhr: Theater und Religion, mit Navid Kermani
- 31. Mai, 19.30 Uhr: Haupt- und Nebenwege, mit Matthias Pees
- 8. Juni, 19.30 Uhr: Hin und zurück – Europa und die Türkei, mit Can Dündar
- 12. Juni, 11.00 Uhr: Kulturpolitik und Krise, mit Claudia Roth und Wilfried Schulz
Die Ausstellung wird vom Theater an der Ruhr organisiert und ausgerichtet sowie gefördert und unterstützt vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, der Kunststiftung NRW, dem NRW KULTURsekretariat, dem Verein zur Förderung des Theater an der Ruhr e.V. sowie der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln.