Gemeinsames Projekt mit Museen aus den Düsseldorfer Partnerstädten
Das Stadtmuseum und der Verein der Düsseldorfer Künstler VdDK * 1844 präsentieren vom 8. September bis zum 8. Januar 2023 gemeinsam mit den Museumspartnern in Palermo, Haifa und Czernowitz eine Wanderausstellung zum Thema “Migration”. Künstlerinnen und Künstler aus Partnerstädten Düsseldorfs zeigen im Stadtmuseum ihre zum Thema geschaffenen Werke der Malerei, Plastik, Fotografie und Videokunst.
Erstmalig wirken auch Kunstschaffende der neuen ukrainischen Partnerstadt Czernowitz mit. Konzipiert wurde die Ausstellung durch das Kuratorenteam Dr. Susanne Anna, Laura Barreca, Michael Kortländer, Mykola Kushnir, Edith Oellers und Raya Zommer.
Migration ist ein Schlüsselthema der Stadt Düsseldorf und der Arbeit des Stadtmuseums. Denn Migration hat die Geschichte der Stadt Düsseldorf seit ihrer Gründung im Jahre 1288 geprägt, war doch das Rheinland in den Worten des Schriftstellers Carl Zuckmayer seit jeher die “Völkermühle Europas”. Vor dem 1. Weltkrieg als moderne, am stärksten‚ amerikanisierte Stadt Deutschlands gepriesen, bedeutete der Zivilisationsbruch der Jahre 1933 bis 1945 eine enorme Zäsur. Heute hat Düsseldorf sein Profil als offene, multikulturelle Stadt wieder geschärft, und das Stadtmuseum hat diesen Prozess mit seiner Arbeit kontinuierlich begleitet und gefördert.
Das zeigte sich unter anderem 2015, als zahlreiche Ausstellungen, Aktionen, Veranstaltungen und Kooperationen mit interkulturellen Vereinen für die rund 8.000 aus Syrien geflüchteten Menschen auf den Weg gebracht und umgesetzt wurden. Für die aktuelle Situation und die Kriegsgeflüchteten aus der Ukraine ist Vergleichbares angelaufen. Ein wesentlicher Impuls für die Interkulturalität ging in Düsseldorf stets von der zu Beginn des 19. Jahrhunderts gegründeten Kunstakademie aus, an der sich schon damals Studierende aus 30 Ländern versammelten.
Beteiligte Museumspartner aus den Partnerstädten
Czernowitz, Museum für jüdische Geschichte und Kultur der Bukowina
Der russische Überfall auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 machte Czernowitz zu einem Zufluchtsort für mehr als 100.000 Binnenflüchtlinge. Die leidvolle Geschichte von Migration, Flucht und Vertreibung nach 1940 führte dazu, dass kulturelle Traditionen erst wiederaufgebaut werden mussten. Mit der Gründung eines Kunstmuseums (1988) und eines Museums für jüdische Geschichte und Kultur der Bukowina (2008), Partnermuseum des Stadtmuseums Düsseldorf, wurde ein Zentrum geschaffen, um das herum sich eine junge Kunstszene entwickelt hat. Seit 2010 veranstaltet die Stadt mit Meridian Czernowitz ein bedeutendes jährliches Literaturfestival.
Haifa, Janco-Dada Museum, Ein Hod
In Israel als dem Staat, in dem die Jahrhunderte währende Wanderschaft des jüdischen Volkes zu einem Ende kam, ist Migration Teil der Gründungsgeschichte. Neben diese historische Dimension trat zuletzt ein höchst aktueller und zugleich sehr kontroverser Aspekt des Themas in den Fokus. Israel ist seit einigen Jahrzehnten selbst zum Ziel von Migranten aus afrikanischen Staaten wie dem Sudan und Eritrea geworden, was angesichts der angespannten Sicherheitslage im Lande zu besonderen Schwierigkeiten führt. Die Frage, wie Staat und Gesellschaft eine angemessene Einstellung zu den Neubürgerinnen und ‑bürgern finden können, hat das Janco-Dada Museum im Künstlerdorf Ein Hod mit den Mitteln der Kunst zu beantworten gesucht. Dabei wurden Kunstschaffende und Kunstwerke herangezogen, die sich bemühen, die Migration sowohl aus der Perspektive der Vergangenheit wie der Gegenwart in den Blick zu nehmen und zu reflektieren. Das Janco-Dada Museum ist eines der Partnermuseen des Stadtmuseums Düsseldorf und liegt im Einzugsbereich von Düsseldorfs Partnerstadt Haifa.
Palermo, Museo Civico, Castelbuono
Sizilien kann über die Jahrhunderte als Musterbeispiel dafür dienen, welch positiven Einfluss Zuwanderung auf die Erweiterung des kulturellen Horizonts einer Gesellschaft haben kann. Gleichzeitig steht Sizilien aber als ein Hotspot der gegenwärtigen Migrationsbewegungen über das Mittelmeer im Zentrum der Debatten um Flucht und Vertreibung in Europa. Mit beiden Aspekten, dem historischen wie dem aktuellen, setzt sich das Museo Civico in Castelbuono auseinander, ein Ort im Verwaltungsbezirk von Düsseldorfs Partnerstadt Palermo. Rückblickend auf die geschichtliche Entwicklung stellt es Zeugnisse aus, die die Bedeutung früherer Wanderungsbewegungen dokumentieren, veranschaulicht aber zugleich die dramatische Situation unter der Migration in der Gegenwart Siziliens stattfindet. Dabei greift das Museo Civico auch auf Werke zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler zurück, in denen sich der Geist und die Bewegung der Gegenwart manifestieren, um diesen Zeitgeist mit all seiner Widersprüchlichkeit für ein heutiges Publikum sichtbar und verstehbar zu machen.
Künstlerbiografien
Bahar Batvand (geb. 1974) Die gebürtige Iranerin absolvierte zunächst ein Kunststudium in Teheran. Nach der Übersiedlung nach Deutschland im Jahr 2000 setzte sie ihre Studien an der Kunstakademie Düsseldorf fort und schloss sie 2009 als Meisterschülerin von Karl Kneidl ab. Ihre abstrakten Installationen waren seitdem in einer Fülle von Einzel- und Gruppenausstellungen zu sehen. Batvand geht aus von Fundstücken, deren Oberflächen sie aufbricht, zerstört, verändert, um so neue Bedeutungen und Sinnebenen freizusetzen. Bahar Batvand lebt und arbeitet in Düsseldorf.
Avraham Eilat (geb. 1939) Eilat machte einen Abschluss an der Hochschule für Malerei in Tel Aviv. Die Eindrücke eines langjährigen Kibbutz-Aufenthalts (1960–78), die enge Verbindung zu Natur und Landschaft, die er dort erlebte, haben seine künstlerische Arbeit nachhaltig geprägt. Sein Werk ist ausgesprochen vielgestaltig und reicht von Malerei und Zeichnung bis zu Fotografie, Skulptur und Installation. Eilat lebt und arbeitet im Künstlerdorf Ein Hod und in Haifa.
Oren Fischer (geb. 1974) Fischer ist Autodidakt und verfügt über ein sehr breites Repertoire an Ausdrucksformen. In bewusst naiver Bildsprache produziert er Zeichnungen, Videos und Skulpturen ebenso wie bunte und burleske Performances. Neben sehr persönlichen Arbeiten stehen gesellschaftskritische und dezidiert politische Werke. So war Fischer 2018 in Tel Aviv an Aktionen beteiligt, mit denen Künstlerinnen und Künstler gegen ein geplantes Gesetz zur Einschränkung der Kunstfreiheit protestierten. Neben seiner künstlerischen Arbeit ist Fischer Kurator und Kunstpromotor. Er lebt und arbeitet in Tel Aviv.
Maxym Kosmenko (geb. 1987) Kosmenko studierte Philosophie an der Universität in Czernowitz und begann 2012 eine Laufbahn als professioneller Fotograf. Er lieferte Fotos für Buchprojekte und für nationale und internationale Zeitschriften, daneben zeigte er seine Arbeiten in Ausstellungen und wurde mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Zurzeit arbeitet er an einer umfangreichen fotografischen Dokumentation des Lebens der Binnenflüchtlinge, die sich vor dem russischen Überfall in die Region Czernowitz geflüchtet haben. Kosmenko lebt und arbeitet in Czernowitz.
Hadar Mitz (geb. 1989) Hadar Mitz machte 2014 ihren Bachelor an der Kunstakademie Hamidrasha des Breit Berl College und steht vor dem Master-Abschluss an der Bezal‘el-Akademie, einer staatlichen Hochschule für Kunst und Design in Jerusalem. Schwerpunkt ihrer Arbeit sind inszenierte und bearbeitete Fotografien sowie Installationen, in denen sehr unterschiedliche Elemente zum Einsatz kommen von Skulpturen und Zeichnungen bis zu skurrilen Fundstücken. Thematisch steht der menschliche Blick auf die Natur im Vordergrund. Mitz lebt und arbeitet in Tel Aviv.
Margherita Moscardini (geb. 1981) Margherita Moscardini studierte an der Kunstakademie in Bologna. Der Fokus ihrer meist langfristigen Projekte liegt auf der umfassenden künstlerischen Beschreibung von Transformationsprozessen in Natur und Gesellschaft. So hat sie sich zum Beispiel mit der Verwandlung eines Flüchtlingscamps in der jordanischen Wüste in eine Stadt beschäftigt (2015–2018). Sie greift dabei auf sehr unterschiedliche Ausdrucksmittel zurück, von Zeichnungen über Skulpturen bis zu Fotos und Videos. Ihre Arbeiten werden weltweit in Ausstellungen präsentiert. Sie lebt und arbeitet in Donoratico.
Edith Oellers (geb. 1957) Edith Oellers studierte von 1975 bis 1981 an der Düsseldorfer Kunstakademie Malerei und Kunstgeschichte unter anderem bei Gerd Hoehme und Werner Spies. Ihre Gemälde und Zeichnungen sind inspiriert vom “Alltag der Menschen”, dessen Vielfalt sie in einem ebenso vielfältigen künstlerischen Zugriff aufschlüsselt. Ausgangspunkt sind dabei häufig Erfahrungen, die sie während zahlreicher Auslandsaufenthalte und Reisen gemacht hat. Bilder von Oellers finden sich in öffentlichen und privaten Sammlungen. Sie lebt und arbeitet in Düsseldorf.
Driss Ouadahi (geb. 1959) Driss Ouadahi ist ein deutsch-algerischer Künstler. An ein Studium der Architektur in Algier schloss er dort zunächst ein Kunststudium an, das er von 1988 bis 1994 an der Kunstakademie Düsseldorf fortsetzte und bei Michael Buthe abschloss. Sein Werk wird international ausgestellt und gesammelt. In Zeichnungen und Gemälden kombiniert er reale architektonische Elemente mit einer abstrakten Formensprache. Zugleich setzen seine Arbeiten sich mit Fragen von Alterität und Inklusion auseinander. Ouadahi lebt und arbeitet in Düsseldorf.
Oksana Pyzh (geb. 1989) Oksana Pyzh machte 2011 einen Abschluss in Architektur an der Universität von Charkiw. Seit 2012 ist sie als Künstlerin auf nationalen und internationalen Ausstellungen vertreten. Ihr Werk umfasst Malerei ebenso wie graphische Arbeiten und Installationen. Schon früh hat sie sich intensiv mit politischen Themen auseinandergesetzt und sich künstlerisch mit dem Zerfall der Sowjetunion und dessen Folgen beschäftigt. Zuletzt waren ihre Werke in der Ausstellung “Fight with Art” zu sehen, eine Schau ukrainischer Gegenwartskunst, die im April 2022 in der polnischen Stadt Krakau gezeigt wurde. Pyzh lebt und arbeitet in Charkiw und Düsseldorf.
Klaus Richter (geb. 1955) Klaus Richter studierte von 1975 bis 1983 an der Kunstakademie Düsseldorf und schloss sein Studium als Meisterschüler von Alfonso Hüppi ab. Einer seiner Arbeitsschwerpunkte sind farbig bemalte Stahlplastiken. Daneben hat er ein sehr vielgestaltiges malerisches und zeichnerisches Werk vorgelegt und sich mit einer Reihe von Performances präsentiert, die an die Tradition von Dada und Fluxus anknüpfen. Zugleich ist Richter Kurator der Städtischen Galerie/Kulturforum Alte Post Neuss. Er lebt und arbeitet in Düsseldorf.
Francesco Simeti (geb. 1968) Francesco Simeti studierte an der Kunstakademie in Bologna. Seine künstlerische Arbeit setzt an bei vorgegebenem Bildmaterial wie Pressefotos, in denen häufig Motive von Gewalt und Zerstörung im Mittelpunkt stehen. Simeti bearbeitet das Material und arrangiert es teilweise mit Skulpturen und 3D Kollagen zu Installationen. Er zeigt, wie die Schreckensbilder in veränderten Kontexten ihre Wirkungsweise verändern und stellt so die generelle Frage nach ihrer Funktion. Sein Werk wurde in USA und Italien in einer Fülle von Ausstellungen gezeigt. Er lebt und arbeitet in New York.
Olha Trehubova (geb. 1994) Olha Trehubova studierte von 2012 bis 2016 an der Universität in Czernowitz. Sie startete ihre künstlerische Laufbahn 2017 mit ersten Gruppenausstellungen, darunter als größeres Projekt die Ausstellung “My Ukraine: Pain and Hope”, in der junge ukrainische Kunstschaffende ihre Werke 2019 in München und Kiew präsentierten. Trehubova hat bislang vor allem Zeichnungen und Arbeiten in Mischtechnik vorgelegt, Porträts und allegorisch verrätselte farbige Bilder, in denen sie Aspekte des Schicksals ihrer Heimat darstellt. Zuletzt war sie in Deutschland 2022 in der Ausstellung “Save us!” zu sehen. Sie lebt und arbeitet in Kiew.