Johann Erd­mann Hum­mel: Die Oran­ge­rie von Schloss Buch, 1836,©Kunstpalast Düs­sel­dorf, Foto: Horst Kolberg

 

94 städ­ti­sche Akten aus Bestän­den des Stadt­ar­chivs mit 80.000 Sei­ten aus den Jah­ren 1933–1945 ausgewertet

Das Düs­sel­dor­fer Stadt­ar­chiv und die Stabs­stelle Pro­ve­ni­enz­for­schung haben ein gemein­sa­mes umfang­rei­ches Pro­jekt zur Erschlie­ßung von städ­ti­schen Akten aus der NS-Zeit (1933–1945) abge­schlos­sen. Als Ergeb­nis liegt nun ein digi­ta­les Find­mit­tel bereit, über das Pro­ve­ni­enz­for­schende und andere Inter­es­sierte online recher­chie­ren und die Archi­va­lien abru­fen können.

Geför­dert wurde die im Novem­ber 2019 gestar­tete Tie­fen­ver­zeich­nung der Akten vom Deut­schen Zen­trum Kul­tur­gut­ver­luste in Mag­de­burg. Zeit­gleich wur­den die Quel­len mit Unter­stüt­zung von “Wis­sens­Wan­del. Digi­tal­pro­gramm für Biblio­the­ken und Archive” inner­halb der För­der­li­nie “Neu­start Kul­tur” digi­ta­li­siert. Durch das Pro­jekt wer­den diese wich­ti­gen Archi­va­lien welt­weit zugäng­lich und gleich­zei­tig nach­hal­tig gesi­chert. Die Daten sind über das Inter­net­por­tal “Archive in NRW”, zukünf­tig auch über“Archivportal‑D” und die “Deut­sche Digi­tale Biblio­thek”, abrufbar.

Die Kunst­his­to­ri­ke­rin Nadja Brze­zina und die His­to­ri­ke­rin Dr. Annett Bütt­ner haben in dem Pro­jekt 94 Akten mit ins­ge­samt etwa 80.000 Sei­ten, vor allem Angebots‑, Ankaufs- und Gut­ach­ten­ak­ten der Düs­sel­dor­fer Kunst­samm­lun­gen aus der Zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus aus­ge­wer­tet. Davon sind über 70 Akten tief­en­er­schlos­sen und gescannt wor­den. Auch Kor­re­spon­den­zen mit aus­wär­ti­gen Museen und andere für die Pro­ve­ni­enz­for­schung wich­tige Archi­va­lien, bei­spiels­weise zeit­lich unmit­tel­bar angren­zende Ankaufs­ak­ten der 1920er Jahre, wur­den auf­be­rei­tet und im Detail durch­such­bar gemacht.

Archi­va­lien rei­chen auch über Düs­sel­dorf und das Rhein­land hinaus
Das Stadt­ar­chiv Düs­sel­dorf bewahrt neben den Unter­la­gen der Kunst­samm­lun­gen auch die des über­ge­ord­ne­ten Kul­tur­am­tes und des Ober­bür­ger­meis­ters. Diese wur­den eben­falls berück­sich­tigt, sodass den For­schen­den ver­schie­dene Über­lie­fe­rungs­quel­len zur Ver­fü­gung ste­hen. Somit kön­nen nun ein­zelne Kunst­werke und Per­so­nen, aber auch all­ge­mein zum Kunst- und Kul­tur­be­trieb recher­chiert wer­den. Die Archi­va­lien bezie­hen sich nicht nur auf den Raum Düs­sel­dorf, son­dern rei­chen auch über das Rhein­land hin­aus. Sie zei­gen etwa Ver­bin­dun­gen zu den besetz­ten Gebie­ten der Nie­der­lande und Frank­reichs zu Beginn der 1940er-Jahre.

Durch die Digi­ta­li­sie­rung der Akten mit Hilfe von “Wis­sens­Wan­del“ kann der zuge­hö­rige Schrift­ver­kehr, häu­fig hand­schrift­li­che Ori­gi­nal­un­ter­la­gen, online gele­sen wer­den. Zu die­sem Zweck wur­den mehr als 67.000 Scans ange­fer­tigt. Für die natio­nale und inter­na­tio­nale Pro­ve­ni­enz­for­schung stellt diese Art der digi­ta­len Erschlie­ßung von Quel­len ein wich­ti­ges Ser­vice­instru­ment dar.

So ließ sich zum Bei­spiel die Her­kunft des Gemäl­des “An der Oran­ge­rie im Park von Schloss Buch” vom kürz­lich wie­der­ent­deck­ten Künst­ler Johann Erd­mann Hum­mel ermit­teln, die im Rah­men einer Aus­stel­lung der Alten Natio­nal­ga­le­rie Ber­lin recher­chiert wor­den war.

Auf­bau einer Infra­struk­tur zur sys­te­ma­ti­schen Provienzforschung
Das Pro­jekt im Stadt­ar­chiv zählt zu den Bau­stei­nen, mit denen die Lan­des­haupt­stadt Düs­sel­dorf seit 2018 eine Infra­struk­tur auf­baut, um die städ­ti­sche Pro­ve­ni­enz­for­schung sys­te­ma­tisch und nach­hal­tig durch­zu­füh­ren. Die Lei­te­rin der Stabs­stelle Pro­ve­ni­enz­for­schung, Dr. Iris Metje, betont den Nut­zen des neuen Find­mit­tels für diese Auf­gabe: “Die Mög­lich­keit, die Akten online zu durch­su­chen und sich die Digi­ta­li­sate anzei­gen zu las­sen, macht unsere Arbeit effi­zi­en­ter. Wäh­rend der sys­te­ma­ti­schen Über­prü­fung von Samm­lungs­be­stän­den, die der­zeit erfolgt, kön­nen wir nun schnell und unkom­pli­ziert die rele­van­ten Quel­len zu den bear­bei­te­ten Objek­ten in den Akten­be­stän­den des Stadt­ar­chivs auffinden.”

Für Jas­min Hart­mann, Lei­te­rin der Koor­di­na­ti­ons­stelle für Pro­ve­ni­enz­for­schung in NRW, kurz KPF.NRW, ist die Tief­en­er­schlie­ßung der Akten des Stadt­ar­chivs ein Leucht­turm­pro­jekt für eine sys­te­ma­ti­sche Pro­ve­ni­enz­for­schung: “Es ist ein Mei­len­stein, die Düs­sel­dor­fer Akten nun zeit- und orts­un­ab­hän­gig nach Per­so­nen, Insti­tu­tio­nen des Kunst­mark­tes, Kunst­wer­ken, Orten, Ereig­nis­sen wie Auk­tio­nen oder auch the­men­spe­zi­fi­schen Schlag­wor­ten durch­su­chen zu kön­nen. Sie bie­ten viel­fach Infor­ma­tio­nen, die man nicht unbe­dingt in den Düs­sel­dor­fer Akten ver­mu­tet hätte.”

Zukünf­tig wird die Auf­be­rei­tung von für die Pro­ve­ni­enz­for­schung rele­van­ten Quel­len ein maß­geb­li­cher Bau­stein der lan­des­weit agie­ren KPF.NRW zur Eta­blie­rung des For­schungs­be­reichs sein. Jas­min Hart­mann: “Ich bin über­zeugt, dass so gut wie jedes Museum noch Kor­re­spon­denz mit Samm­lern, Kunst­händ­lern oder bei­spiels­weise Behör­den besitzt, die die Kunst­markt­for­schung und Her­kunfts­re­cher­chen wesent­lich vor­an­brin­gen können.”

Eine Liste der erschlos­se­nen Akten mit Links zum Archivportal‑D ist auf der Inter­net­seite der Pro­ve­ni­enz­for­schung der Lan­des­haupt­stadt Düs­sel­dorf hin­ter­legt. Das Archivportal‑D ist auch erreich­bar unter der Adresse https://www.archive.nrw.de/archivsuche?link=VERZEICHUNGSEINHEIT-Vz_0102D5CA-1B71-4EB0-A01D-FA6542E3AED2