Das Pro­jekt ist eine Koope­ra­tion mit der Jüdi­schen Gemeinde Düs­sel­dorf, der Lan­des­haupt­stadt Düs­sel­dorf sowie der Mahn- und Gedenkstätte

Mit der Arbeit “miss­ing link_” rea­li­siert der Düs­sel­dor­fer Künst­ler Mischa Kuball eine vor­erst tem­po­räre Licht­in­stal­la­tion auf der Kaser­nen­straße, die das Geden­ken an die im Natio­nal­so­zia­lis­mus zer­störte, zen­trale Syn­agoge der Stadt in den Mit­tel­punkt stellt. Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Ste­phan Kel­ler, Künst­ler Mischa Kuball, Dr. Bas­tian Fleer­mann, Lei­ter der Mahn- und Gedenk­stätte Düs­sel­dorf, und Bert Röm­gens, Ver­wal­tungs­di­rek­tor der Jüdi­schen Gemeinde Düs­sel­dorf, haben die Instal­la­tion am Diens­tag, 7. Novem­ber, der Öffent­lich­keit vorgestellt.

Mit der Arbeit "missing link_" realisiert Mischa Kuball eine vorerst temporäre Lichtinstallation auf der Kasernenstraße, die das Gedenken an die im Nationalsozialismus zerstörte, zentrale Synagoge der Stadt in den Mittelpunkt stellt.,(c)Landeshauptstadt Düsseldorf/David Young

Kuballs Arbeit soll der Geschichte des Ortes eine neue Sicht­bar­keit geben und bie­tet einen Reso­nanz­raum für das gemein­same Geden­ken und Zusam­men­kom­men. Das Pro­jekt ist eine Koope­ra­tion mit der Jüdi­schen Gemeinde Düs­sel­dorf, der Stadt Düs­sel­dorf sowie der Mahn- und Gedenk­stätte Düs­sel­dorf. “miss­ing link_” ent­steht im Dia­log mit der Jüdi­schen Gemeinde und deren Vor­stands­vor­sit­zen­den Dr. Oded Horo­witz. Das Pro­jekt wird dar­über hin­aus beglei­tet und unter­stützt durch Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Ste­phan Kel­ler und Miriam Koch, Bei­geord­nete für Kul­tur und Integration.

Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Ste­phan Kel­ler: “Die Instal­la­tion setzt an einem his­to­ri­schen Ort ein deut­lich sicht­ba­res Zei­chen gegen das Ver­ges­sen der abscheu­li­chen Taten der Novem­ber­po­grome — eines der schwär­zes­ten und ver­hee­rends­ten Ver­bre­chen deut­scher Geschichte. Die Ver­gan­gen­heit, aber auch die aktu­el­len Ereig­nisse der Gegen­wart machen deut­lich, dass der Ent­glei­sung von Hass und Gewalt in allen sei­nen Facet­ten ent­schie­den ent­ge­gen­ge­tre­ten wer­den muss. Wir in der Lan­des­haupt­stadt Düs­sel­dorf sind uns die­ser Ver­ant­wor­tung bewusst. Ein respekt­vol­les und fried­vol­les Mit­ein­an­der ist das Fun­da­ment unse­res demo­kra­ti­schen Zusam­men­le­bens, für das wir jeder­zeit einstehen.”

Die 1904 im neo­ro­ma­ni­schen Stil fer­tig­ge­stellte Syn­agoge bil­dete einen zen­tra­len kul­tu­rel­len Mit­tel­punkt des jüdi­schen Lebens in der Stadt. Neben Got­tes­diens­ten fan­den dort viel­fach Kon­zerte und öffent­li­che Vor­träge statt. Am 10. Novem­ber 1938 wurde die Syn­agoge im Zuge der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Pogrome in Brand gesetzt und spä­ter abge­ris­sen. Heute erin­nert ein schlich­ter Gedenk­stein an die Exis­tenz des bedeut­sa­men Gebäudes.

Mischa Kuball: “Die Instal­la­tion ‘miss­ing link_’ auf der Kaser­nen­straße in Düs­sel­dorf nimmt Bezug auf die große gesell­schaft­li­che Lücke, die die Zer­stö­rung von jüdi­schen Ein­rich­tun­gen, Syn­ago­gen, Geschäf­ten, Hotels und Restau­rants in der Pogrom­nacht 1938 in der Stadt Düs­sel­dorf hin­ter­las­sen hat. Diese Lücke wurde nie wirk­lich geschlos­sen. Ein sehr zurück­hal­ten­der Gedenk­stein mar­kiert den Ort, gibt aber weder einen Hin­weis auf die Größe und Bedeu­tung der Syn­agoge und des Gemein­de­zen­trums, noch Aus­kunft über die Jüdi­sche Gemeinde in die­ser Zeit — noch heute ist vie­len Men­schen die­ser Ort jüdi­schen Lebens unbe­kannt. Die Instal­la­tion ‘miss­ing link_’ nutzt das weiße Licht und ein Frag­ment der his­to­ri­schen Archi­tek­tur, um an die­sem Ort Sicht­bar­keit zu schaf­fen – eine Sicht­bar­keit für die Lücke, die sich bis heute nicht wirk­lich schlie­ßen lässt. ‘miss­ing link_’ ist auch ein Ver­such, den Men­schen, die die­sen Ver­lust erlit­ten haben, einen wür­di­ge­ren Ort für Zusam­men­künfte in unse­rer Stadt zu bieten.”

Das Ensem­ble bau- und gesell­schafts­ge­schicht­li­cher Hete­ro­ge­ni­tät, das um die hin­ter­las­sene Lücke in weni­ger als 40 Jah­ren ent­stand, ent­deckt Mischa Kuball ent­lang sei­ner feh­len­den Ele­mente und Ver­bin­dun­gen neu. Da wer­den auch das im Jahr 1940 fer­tig­ge­stellte neo­klas­si­zis­ti­sche Walz­stahl­haus, das Gebäude der Orts­kran­ken­kasse im Stil der Reform­ar­chi­tek­tur von 1905 und das Haus der AOK im Stil des “Neuen Bau­ens” aus den 1920er-Jah­ren ein­be­zo­gen, um die Erin­ne­rung an die zer­störte Syn­agoge und ihre Bedeu­tung in der Stadt­ge­schichte zu bewahren.

Bert Röm­gens, Ver­wal­tungs­di­rek­tor der Jüdi­schen Gemeinde Düs­sel­dorf: “Die Sicht­bar­ma­chung des Geden­kens an die Opfer der Shoah hat für uns eine hohe Rele­vanz. Zugleich hat es aber für die Gesamt­ge­sell­schaft eine hohe Ver­ant­wor­tung, die auch heute in der Gegen­wart wich­tig ist. Wir als Jüdi­sche Gemeinde Düs­sel­dorf sehen mehr denn je den Bedarf in unse­rer Gesell­schaft, daher sind neue Zugänge zu schaf­fen eine wich­tige Vor­ge­hens­weise, um eine neue Ebene des Geden­kens zu fin­den. Aus die­sem Grund ist das Pro­jekt von Mischa Kuball der rich­tige Ansatz, um die Stadt­ge­sell­schaft mehr­heit­lich zu sen­si­bi­li­sie­ren und zu erreichen.”

Eine eigens ent­wi­ckelte Web-App ist ergän­zend vor Ort über einen QR-Code oder über den Link https://missinglink-düsseldorf.de auf­ruf­bar. Die App ist für die Mobil­nut­zung aus­ge­legt und auf dem Desk­top nur les­bar, wenn das Brow­ser­fens­ter klein­ge­zo­gen wird. In Bild und Text wird darin die His­to­rie der Syn­agoge ver­mit­telt: Zeit­zeu­gen berich­ten ein­drucks­voll in Sprach- und Video­auf­nah­men und geben Ein­bli­cke in die Ent­wick­lung der Jüdi­schen Gemeinde in der Stadt. Dabei wird auch die bedeut­same Rolle der Jüdi­schen Gemeinde im städ­ti­schen und kul­tu­rel­len Leben ver­deut­licht. Es wer­den die his­to­ri­schen Ent­wick­lun­gen von der Fer­tig­stel­lung der Syn­agoge im Jahr 1904 über den auf­kom­men­den Natio­nal­so­zia­lis­mus und die Zer­stö­rung der Syn­agoge in der Pogrom­nacht am 9. Novem­ber 1938 bis in die Gegen­wart nachgezeichnet.

Bas­tian Fleer­mann, Lei­ter der Mahn- und Gedenk­stätte: “Das große Gemein­de­zen­trum mit Syn­agoge und Schule, das hier 1904 eröff­net und ein­ge­weiht wurde, war das reli­giöse und soziale Zen­trum der dama­li­gen Jüdi­schen Gemeinde Düs­sel­dorf. In der Nacht zum 10. Novem­ber ist hier nicht nur ein mar­kan­tes Gebäu­de­en­sem­ble ver­nich­tet wor­den, son­dern auch der Mit­tel­punkt einer zuneh­mend ver­folg­ten Min­der­heit. Dass Mischa Kuball hier nun solch eine bewe­gende Instal­la­tion ent­wi­ckelt hat, ist sehr bemer­kens­wert. Gerne haben wir als Gedenk­stätte diese Pla­nun­gen mit begleitet.”

Hin­ter­grund

Mischa Kuball, gebo­ren 1959 in Düs­sel­dorf, lebt und arbei­tet in der Lan­des­haupt­stadt. Seit 1977 arbei­tet der Kon­zept­künst­ler im öffent­li­chen und insti­tu­tio­nel­len Raum. Mit­hilfe des Medi­ums Licht erforscht er archi­tek­to­ni­sche Räume und deren soziale und poli­ti­sche Dis­kurse. Er reflek­tiert unter­schied­li­che Facet­ten, von kul­tu­rel­len Sozi­al­struk­tu­ren bis hin zu archi­tek­to­ni­schen Ein­grif­fen, die den Wahr­zei­chen­cha­rak­ter und den archi­tek­tur­ge­schicht­li­chen Kon­text beto­nen oder neu kodieren.

Beson­ders sicht­bar wird diese Inten­tion in den Pro­jek­ten “res.o.nant” am Jüdi­schen Museum Ber­lin (2017–2019), mit “green­light” in einem ehe­ma­li­gen Jüdi­schen Vier­tel in Mon­te­vi­deo (1999) und mit “refrac­tion house” in der Syn­agoge Stom­meln (1994). Poli­tisch moti­vierte und par­ti­zi­pa­tive Pro­jekte rich­ten den Fokus auf die Ver­schrän­kung von öffent­li­chem und pri­va­tem Raum und stel­len eine Platt­form für die Kom­mu­ni­ka­tion zwi­schen den Teil­neh­men­den, dem Künst­ler, dem Werk und dem urba­nen Raum her.

Seit 2007 ist Mischa Kuball Pro­fes­sor für Public Art an der Kunst­hoch­schule für Medien, Köln. Zuvor war er Pro­fes­sor für Medi­en­kunst an der Hoch­schule für Gestaltung/ZKM, Karls­ruhe. Seit 2015 ist er Mit­glied der Nord­rhein-West­fä­li­schen Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten und Künste, Düs­sel­dorf. 2016 wurde er mit dem Deut­schen Licht­kunst­preis ausgezeichnet.

 

Vor der Licht­in­stal­la­tion an der Kaser­nen­straße — von rechts: Dr. Bas­tian Fleer­mann, Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Ste­phan Kel­ler, Mischa Kuball, Bei­geord­nete Miriam Koch, und Bert Römkens,Foto: LOKALBÜRO