Poli­zei­prä­si­den­tin Miriam Baums und Frank Kubicki, Lei­ter Direk­tion Kri­mi­na­li­tät, stell­ten heute die Kri­mi­nal­sta­tis­tik der Lan­des­haupt­stadt für 2023 vor. Für letzt­ge­nann­ten war dies die letzte Sta­tis­tik. Der Ruhe­stand warte auf den Mann, der jede „kleinste Stell­schraube“ in Düs­sel­dorf kenne, so Frau Brauns. Foto: Man­fred Fammler

Von Man­fred Fammler

Wie sicher ist Düs­sel­dorf? Diese Frage stellt sich all­jähr­lich, wenn die Poli­zei die loka­len Zah­len vor­stellt. Teil­weise beglei­tet von deut­li­chen Wor­ten der obers­ten Poli­zis­tin, Poli­zei­prä­si­den­tin Miriam Brauns, sind die Zah­len wie ein But­ter­fly­mes­ser mit einer beid­sei­tig geschlif­fe­nen Klinge.

Zu den Zah­len. Diese drü­cken frei­lich nicht die per­sön­li­che Emp­fin­dung jedes Ein­zel­nen aus, erklä­ren jedoch die auf­ge­stell­ten Nacken­haare, beim abend­li­chen Gang durch den Hof­gar­ten, obwohl heut­zu­tage jeder weiß, dass kein Säbel­zahn­ti­ger hin­ter der Hecke her­vor­springt – der Urahn wan­dert eben im Erb­gut mit. Okay, kein Urviech im Dun­keln, doch die Zah­len Ten­den­zen und kön­nen Strö­mun­gen auf­zei­gen. Denn: „Im letz­ten Jahr sind auf Düs­sel­dor­fer Stra­ßen, Wegen und Plät­zen deut­lich mehr Men­schen über­fal­len wor­den als im Jahr zuvor. Täter waren oft­mals junge Män­ner“, so Poli­zei­prä­den­tin Miriam Brauns. Diese Straf­ta­ten wür­den das Sicher­heits­ge­fühl beein­träch­ti­gen. Ver­roht also die Gesell­schaft? „Besorg­nis­er­re­gend ist für mich, mit welch´ gerin­ger Hemm­schwelle Täter Mes­ser und andere Waf­fen ein­set­zen, um sich zu berei­chern.“ Der moderne Säbel­zahn­ti­ger mit einem Mes­ser im Gurt? Ja, und meis­tens steckt der sogar noch in der Puber­tät. Die Kon­trolle der Waf­fen­ver­bots­zone sei Auf­gabe der Poli­zei. „Was mir fehlt ist die The­ma­ti­sie­rung in der Fami­lie, der Schule, am Arbeits­platz.“ Die popu­lis­ti­sche For­mel „Aus­län­der, jung, bewaff­net“ greift dabei ein­deu­tig zu kurz.

Wobei nun die Kri­mi­na­li­tät Jugend­li­cher und Her­an­wach­sen­der beleuch­tet wer­den muss. Ein Thema, das Frau Brauns fast schon pathe­tisch mit dem Satz „Nie­mand wird kri­mi­nell gebo­ren“ ein­lei­tete. Ja, sie steigt rapide an, von 5.800 auf 7.579 Straf­ta­ten. Vor­wie­gend würde sich diese jedoch gegen Gleich­alt­rige rich­ten, was jedoch keine Ent­schul­di­gung bedeu­tet. Wäre es da nicht ein Vor­schlag, statt oder neben Ver­kehrs­er­zie­hung in den Schu­len auch Kri­mi­na­li­täts­prä­ven­tion anzu­bie­ten? Die Nach­frage sei schlicht­weg gerin­ger, so Frau Brauns.

Aber ist Düs­sel­dorf gefähr­li­cher gewor­den? Eher unsi­che­rer in man­chen Berei­chen. Thema Ein­bruch und Raubdelikte.

Kri­mi­na­li­täts­tou­ris­mus: Drei Vier­tel der nicht deut­schen Tat­ver­däch­ti­gen (so der Poli­zei­jar­gon) stam­men nicht aus der Lan­des­haupt­stadt, son­dern kom­men schlicht­weg zum Klauen an den Rhein. Da passt der alte Spruch, dass kein Fuchs vor dem eige­nen Bau räu­bert. „Wenn nach drei, vier Mal hebeln, Fens­ter oder Tür nicht auf­ge­hen, wird eine Etage wei­ter­ge­gan­gen und es an der nächs­ten Tür ver­sucht“, so lako­nisch die Pol­zei­prä­si­den­tin dies sagt, so viel Wahr­heit steckt aber dahin­ter. Und wer meint, die meis­ten Ein­brü­che wer­den in Stadt­tei­len mit Ein­fa­mi­li­en­häu­sern ver­übt, liegt falsch. Es sind die Stadt­teile, ver­stärkt Innen­stadt­be­rei­che, mit Mehr­fa­mi­li­en­häu­sern, wo Anony­mi­tät ent­ste­hen kann und ein frem­des Fahr­zeug nicht son­der­lich auf­fällt. Wenn die Häu­ser dann noch an oder in der Nähe einer Ein- oder Aus­fall­straße ste­hen, so wan­dert das Brech­ei­sen anschei­nend auto­ma­ti­siert in die Hand des Ver­bre­chers. Es muss also nicht immer ein Ver­sand­händ­ler an der Tür ste­hen, wenn´s klin­gelt. Hier soll des­halb in die­sem Jahr ein Schwer­punkt gesetzt wer­den. Frau Brauns: „Wir wol­len signa­li­sie­ren, dass Düs­sel­dorf kein guter Ort für Ein­bruchs­tä­ter ist.“

Leid­volle Frage nach den Tätern mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund. Unbe­strit­ten steht diese Täter­gruppe über­pro­por­tio­nal zur Gesamt­be­völ­ke­rung weit oben, wenn sie knapp die Hälfte der Taten ver­übt, aber einen weit­aus gerin­ge­ren Anteil an der Gesamt­be­völ­ke­rung hat.

Aus den Erkennt­nis­sen der Sta­tis­tik, die natür­lich nur rudi­men­tär die Ver­hält­nisse in der Lan­des­haupt­stadt wie­der­ge­ben, las­sen sich aber Schwer­punkte für die­ses Jahr erken­nen. Die Fuss­ball-EM außen vor­ge­las­sen, die einen eige­nen Mikro­kos­mos erge­ben wird, lie­gen diese bei Ein­brü­chen, Taschen­dieb­stäh­len und Raub.

Fazit bleibt aber: So wie vom Blitz getrofen, kann jeder unver­schul­det von einem Ver­bre­chen getrof­fen wer­den. Und wenn man betrof­fen ist, wie auch die Poli­zei­prä­si­den­tin („Bevor ich in Urlaub fahre, schaue ich drei Mal, ob alle Fens­ter geschlos­sen und ver­rie­gelt sind“, so Brauns), dann beein­flusst die­ses Trauma, die­ses sub­jek­tive Emp­fin­den das Leben und spä­ter womög­lich die poli­ti­sche Entscheidung.

Wie sicher denn jetzt Düs­sel­dorf auf einer Skala von ganz sicher (10) und sehr gefähr­lich (1) sei, wurde Poli­zei­prä­si­den­tin Miri­ams Brauns gefragt? „8“, lau­tete die Ant­wort. „In Düs­sel­dorf kann man gut leben.“ Aller­dings darf nicht ver­schwie­gen wer­den, dass bei einem Opfer die Wer­tung schnell auf „1“ fal­len kann.

Daten und Fakten:

  • Straf­ta­ten 2023: gesamt 79.372, ein Anstieg von 8.199 zu 2022 und damit 11,5 Prozent
  • Auf­klä­rungs­quote: 1,77 Pro­zent, fast jede zweite Straftat
  • 43 Pro­zent aller Straf­ta­ten sind Dieb­stahls­de­likte, Anstieg von 26.181 auf 31.801
  • 54 Pro­zent aller geklär­ten Straf­ta­ten in Düs­sel­dorf wer­den von nicht­deut­schen Per­so­nen begangen
  • Mas­si­ver Anstieg der Jugend­kri­mi­na­li­tät: 2021: 1.887, 2022: 2.474, 2023: 3.370, Anstieg von 2021 auf 2023 um 80 Prozent
  • Thema Mes­ser­pro­ble­ma­tik: 40 Pro­zent Jugend­li­che und Her­an­wach­sende, 43 Pro­zent davon kom­men nicht aus Düs­sel­dorf. Frau Brauns: „Es gibt Natio­nen, in denen das Mes­ser zur Kul­tur gehört. Aber hier nicht, hier wird es nicht mitgenommen!“