Von Manfred Fammler
Wie sicher ist Düsseldorf? Diese Frage stellt sich alljährlich, wenn die Polizei die lokalen Zahlen vorstellt. Teilweise begleitet von deutlichen Worten der obersten Polizistin, Polizeipräsidentin Miriam Brauns, sind die Zahlen wie ein Butterflymesser mit einer beidseitig geschliffenen Klinge.
Zu den Zahlen. Diese drücken freilich nicht die persönliche Empfindung jedes Einzelnen aus, erklären jedoch die aufgestellten Nackenhaare, beim abendlichen Gang durch den Hofgarten, obwohl heutzutage jeder weiß, dass kein Säbelzahntiger hinter der Hecke hervorspringt – der Urahn wandert eben im Erbgut mit. Okay, kein Urviech im Dunkeln, doch die Zahlen Tendenzen und können Strömungen aufzeigen. Denn: „Im letzten Jahr sind auf Düsseldorfer Straßen, Wegen und Plätzen deutlich mehr Menschen überfallen worden als im Jahr zuvor. Täter waren oftmals junge Männer“, so Polizeiprädentin Miriam Brauns. Diese Straftaten würden das Sicherheitsgefühl beeinträchtigen. Verroht also die Gesellschaft? „Besorgniserregend ist für mich, mit welch´ geringer Hemmschwelle Täter Messer und andere Waffen einsetzen, um sich zu bereichern.“ Der moderne Säbelzahntiger mit einem Messer im Gurt? Ja, und meistens steckt der sogar noch in der Pubertät. Die Kontrolle der Waffenverbotszone sei Aufgabe der Polizei. „Was mir fehlt ist die Thematisierung in der Familie, der Schule, am Arbeitsplatz.“ Die populistische Formel „Ausländer, jung, bewaffnet“ greift dabei eindeutig zu kurz.
Wobei nun die Kriminalität Jugendlicher und Heranwachsender beleuchtet werden muss. Ein Thema, das Frau Brauns fast schon pathetisch mit dem Satz „Niemand wird kriminell geboren“ einleitete. Ja, sie steigt rapide an, von 5.800 auf 7.579 Straftaten. Vorwiegend würde sich diese jedoch gegen Gleichaltrige richten, was jedoch keine Entschuldigung bedeutet. Wäre es da nicht ein Vorschlag, statt oder neben Verkehrserziehung in den Schulen auch Kriminalitätsprävention anzubieten? Die Nachfrage sei schlichtweg geringer, so Frau Brauns.
Aber ist Düsseldorf gefährlicher geworden? Eher unsicherer in manchen Bereichen. Thema Einbruch und Raubdelikte.
Kriminalitätstourismus: Drei Viertel der nicht deutschen Tatverdächtigen (so der Polizeijargon) stammen nicht aus der Landeshauptstadt, sondern kommen schlichtweg zum Klauen an den Rhein. Da passt der alte Spruch, dass kein Fuchs vor dem eigenen Bau räubert. „Wenn nach drei, vier Mal hebeln, Fenster oder Tür nicht aufgehen, wird eine Etage weitergegangen und es an der nächsten Tür versucht“, so lakonisch die Polzeipräsidentin dies sagt, so viel Wahrheit steckt aber dahinter. Und wer meint, die meisten Einbrüche werden in Stadtteilen mit Einfamilienhäusern verübt, liegt falsch. Es sind die Stadtteile, verstärkt Innenstadtbereiche, mit Mehrfamilienhäusern, wo Anonymität entstehen kann und ein fremdes Fahrzeug nicht sonderlich auffällt. Wenn die Häuser dann noch an oder in der Nähe einer Ein- oder Ausfallstraße stehen, so wandert das Brecheisen anscheinend automatisiert in die Hand des Verbrechers. Es muss also nicht immer ein Versandhändler an der Tür stehen, wenn´s klingelt. Hier soll deshalb in diesem Jahr ein Schwerpunkt gesetzt werden. Frau Brauns: „Wir wollen signalisieren, dass Düsseldorf kein guter Ort für Einbruchstäter ist.“
Leidvolle Frage nach den Tätern mit Migrationshintergrund. Unbestritten steht diese Tätergruppe überproportional zur Gesamtbevölkerung weit oben, wenn sie knapp die Hälfte der Taten verübt, aber einen weitaus geringeren Anteil an der Gesamtbevölkerung hat.
Aus den Erkenntnissen der Statistik, die natürlich nur rudimentär die Verhältnisse in der Landeshauptstadt wiedergeben, lassen sich aber Schwerpunkte für dieses Jahr erkennen. Die Fussball-EM außen vorgelassen, die einen eigenen Mikrokosmos ergeben wird, liegen diese bei Einbrüchen, Taschendiebstählen und Raub.
Fazit bleibt aber: So wie vom Blitz getrofen, kann jeder unverschuldet von einem Verbrechen getroffen werden. Und wenn man betroffen ist, wie auch die Polizeipräsidentin („Bevor ich in Urlaub fahre, schaue ich drei Mal, ob alle Fenster geschlossen und verriegelt sind“, so Brauns), dann beeinflusst dieses Trauma, dieses subjektive Empfinden das Leben und später womöglich die politische Entscheidung.
Wie sicher denn jetzt Düsseldorf auf einer Skala von ganz sicher (10) und sehr gefährlich (1) sei, wurde Polizeipräsidentin Miriams Brauns gefragt? „8“, lautete die Antwort. „In Düsseldorf kann man gut leben.“ Allerdings darf nicht verschwiegen werden, dass bei einem Opfer die Wertung schnell auf „1“ fallen kann.
Daten und Fakten:
- Straftaten 2023: gesamt 79.372, ein Anstieg von 8.199 zu 2022 und damit 11,5 Prozent
- Aufklärungsquote: 1,77 Prozent, fast jede zweite Straftat
- 43 Prozent aller Straftaten sind Diebstahlsdelikte, Anstieg von 26.181 auf 31.801
- 54 Prozent aller geklärten Straftaten in Düsseldorf werden von nichtdeutschen Personen begangen
- Massiver Anstieg der Jugendkriminalität: 2021: 1.887, 2022: 2.474, 2023: 3.370, Anstieg von 2021 auf 2023 um 80 Prozent
- Thema Messerproblematik: 40 Prozent Jugendliche und Heranwachsende, 43 Prozent davon kommen nicht aus Düsseldorf. Frau Brauns: „Es gibt Nationen, in denen das Messer zur Kultur gehört. Aber hier nicht, hier wird es nicht mitgenommen!“