Von Gabriele Schreckenberg
Die Vorträge bei den Heimatabenden der Düsseldorfer Jonges sind immer wieder voller Überraschungen. Das liegt vor allem an den interessanten Beiträgen der Gastredner.
Am Diestag war Professor Bert Rürup zu Gast.
Die Überschrift seines Vortrages durften sich die Jonges aussuchen, als Professor Bert Rürup begann. „Weltwirtschaft – Das Ende alter Gewissheiten“ oder eben „Das Ende der Goldenen Jahre“. Denn darum ging es dem Professor für Wirtschafts- und Finanzpolitik, der 33 Jahre an der TU Darmstadt gelehrt hatte. Der 80-jährige ist sehr lebhaft und liebt seine Freiheit. Die besteht auch im freien Reden und in der Bewegung, heißt: Mit dem Mikrophon frei über die Bühne zu laufen. „Von meiner langjährigen Arbeit an der Universität kenne ich das und mag es“.
Was ihn umtreibt, erfuhr das Publikum an diesem Abend hautnah. Es sind im Wesentlichen vier Bereiche, die ihn beschäftigen.
Der Alterungsschub unserer Gesellschaft, auf die er humorig auch an diesem Abend mit Fingerzeig auf die Jonges im Saal hinwies. Als nächstes die marode Infrastruktur, die eben nun nicht mehr funktioniert. Es folgte das deutsche Weltwirtschaftsmodell, welches immer auf der Stärke der Exporte unseres Landes fußte und schließlich die geographische Neuordnung.
Die Goldenen Jahre sind vorbei
Zuletzt gab es die Goldenen Jahre zwischen 2011 und 2019. Da war das Wachstum noch hoch, wie er mithilfe einer Statistik nachweisen konnte. Inzwischen habe sich in der Welt viel verändert, eben nicht nur in Deutschland. Es sei einiges verloren gegangen, nicht nur die Kraft der Exporte, auf denen der Erfolg Deutschlands immer basiert habe. „Wir sind alle ein bisschen ärmer geworden“, bilanziert Rürup, obwohl derzeit in Deutschland so viel gearbeitet werde wie noch nie zuvor. Doch die Summe der Stunden sinke, das liege daran, dass viele Menschen in Teilzeit arbeiten. Was der Grund dafür sei, das hat er an diesem Abend nicht erörtert. Das, wofür Deutschland immer bekannt war, sind
der Maschinenbau, der Bau hochwertiger Autos und Chemie. Dabei haben große deutsche Firmen wie BASF neue Standorte für die Produktion nach China verlegt, und sie werden nicht mehr zurückkommen.
Doch er blickt auch zuversichtlich in die Zukunft. Viele Zahlen präsentierte der Professor an diesem Abend. Besonders eindrucksvoll die Rolle der EU im Vergleich mit der Welt. 447 Millionen Menschen leben in der EU, 1.553 Millionen in China und Russland, 337 Millionen in den USA und 2.709 Millionen im globalen Süden. Die Neuordnung der Welt nähme in der Wirtschaft die zentrale Rolle ein. Und Professor Rürup will die unbedingte Stärkung der EU. Nur so könne unserer Wirtschaft langfristig geholfen werden. „Die EU hat viel mehr Gewicht als wir uns oft bewusst machen!
Wir haben zurzeit viele Veränderungen, und ich wünsche mir eine technikoffene Energiewende!“
Zum Schluss erinnerte Rürup an die große Koalition unter Kurt Georg Kiesinger und Willy Brandt. Sie seien die Effektivsten für die Bundesregierung gewesen, haben viele wichtige Maßnahmen in den 60-er Jahren ihrer Amtszeit auf den Weg gebracht. Und als sie damit fertig waren, hat sich die Große Koalition einfach aufgelöst. Das seit vielleicht auch künftig eine Lösung.
Rürup verließ die Bühne, nicht ohne den Euro zu loben. Er sei ein Glücksfall für uns.