Ein Kommentar von Manfred Fammler
Das wird heftig, aber richtig heftig – und zwar im allerbesten und schönsten Sinne. Damit das deutlich wird: der Opernneubau am Wehrhahn wird die Innenstadt radikal verändern wie damals der Bau des Rheinufertunnels die Altstadt, wenn nicht sogar die ganze Stadt. Davon bin ich überzeugt. Auch damals schrien die Unken und Bedenkenträger am lautesten. Deswegen braucht es Mut, um diese immens teure Entscheidung in den nächsten Jahren zu vertreten. Es braucht Mut, sich dem Gegenwind zu stellen und darüber hinaus nicht den erstbesten, sondern den allerbesten Entwurf zu krönen.
Was ich mir überhaupt nicht wünsche, ist ein Objekt, das von einem prominenten weltweit renommierten Architektenbüro, weil wegen des Namens, realisiert wird. Darauf verzichte ich nur allzu gerne. Dabei hoffe ich, dass die Stadtspitze dies ebenso sieht und sich nicht blenden lässt. Sonst wird es vielleicht umgangssprachlich zu „Kellers Pharaonengrab“. Ob Liebeslind, Ingenhoven oder Calatrava – egal welcher Name kommt, das geht mir am gluteus maximus vorbei. Das Konzept muss stimmen, wobei die Oper in jedem Entwurf nicht solitär betrachtet werden darf.
Auf gar keinen Fall darf der Neubau als ein solitäres Ereignis betrachtet werden. Die Innenstadt wird sich radikal verändern – müssen. Und mal Hand aufs Herz. Wer von uns ist denn ab der Kreuzung Oststraße/Wehrhahn mal zu Fuß zur S‑Bahnhaltestelle gegangen? Attraktiv sieht anders aus. Darin liegt die großartige Chance, ein Gesamtkonzept zu erträumen und zu realisieren. So eine Chance bietet sich einer Stadt nur einmal in – ach, weiß ich nicht wie vielen Jahren. Diese kulturelle Hochburg, die dort entstehen wird, muss bestimmend für ihr Umfeld sein, sie muss den Takt und die Vision für die weitere städtebauliche Entwicklung vorgeben und sein. Ich wünsche mir eine neue innerstädtische Partitur, die vom neuen Opernhaus inspiriert ist.
Ich weiß, es gibt viele, die nach dem Sinn eines Opernhauses, der Oper überhaupt fragen. Dabei könnte ich genug Kultursoziologen, Ethnologen oder sonstige Disziplinen zitieren, die die Bedeutung von Kultur – auch der freien Szene – manifestieren. Muss ich aber nicht und ich bleibe beim Thema. Es ist halt so wie im Hollywoodklassiker „Pretty Woman“. Entweder liebt man die Oper oder nicht. Dazwischen gibt es nichts.
Ich wünsche mir, dass die neue Oper eine Strahlkraft besitzt, die Menschen in dieser Stadt und weit darüber hinaus zusammenführt und in ihren Bann zieht. Genau wie die Musik von Mozart, Puccini und Verdi. Lassen wir die neue Oper zu einem Knotenpunkt von Ideen und Kreativität werden.
Lassen sie uns eine neue harmonische, innerstädtische Partitur aufschlagen, beweisen wir, dass Düsseldorf aus mehr als Bedenkenträgern und Verhinderern besteht, nämlich aus Visionären. Fordern wir gleichzeitig Stadtspitze und Politik heraus. Reklamieren wir unsere Wünsche und handeln Kompromisse aus. Ein Klima neutrales Opernhaus zu bauen, wäre ein spannender Ansatz
Wir haben eine einmalige Chance, an diesem Standort etwas Großes zu tun und zu schaffen. So wie sich das Zeitfenster bei der deutschen Einheit kurz öffnete und der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl die Chance zur Wiedervereinigung nutzte, so hat die Stadtspitze genau das Richtige getan, als es das Grundstück durch die Signa-Insolvenz „günstig“ erwarb. Ich wünsche mir Mut, weil ich weiß, dass ich wegen dieses Kommentares attackiert werde, und ich wünsche der Stadtspitze Mut und jedem einzelnen Einwohner Düsseldorfs ebenso, sich auf dieses tolle Projekt einzulassen.
Noch ein Schlenker zurück in die Vergangenheit. Jahre später traf ich einige von den Bedenkenträgern gut gelaunt an einem schönen Sommerabend an den Kasematten und sie schwärmten von dem damals mutigen Schritt.
Abgesehen mal davon, dass der Architekt des Kö-Bogens Daniel Libeskind heißt und nicht “Liebeslind”, wie es ziemlich verunstaltet im Text heißt, ein treffender Meinungsartikel: Der Wehrhahn als Standort der neuen Oper bietet durchaus beachtenswertes Potential nicht nur für das Haus, sondern für die Stadt insgesamt.