Regisseur Marvin Wittiber,(c)Landeshauptstadt Düsseldorf/Ingo Lammert

Regis­seur Mar­vin Wittiber,©Landeshauptstadt Düsseldorf/Ingo Lammert

 

Die Befrei­ung von Ausch­witz und das Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges jährt sich in die­sem Jahr zum 80. Mal: Nicht für alle Opfer­grup­pen glei­cher­ma­ßen bedeu­tete 1945 ein Ende von Ver­fol­gung und Dis­kri­mi­nie­rung. Homo­se­xu­elle Män­ner blie­ben wei­ter­hin im Faden­kreuz. Der Para­graph 175, der ihre Sexua­li­tät kri­mi­na­li­sierte, blieb bestehen – die gesell­schaft­li­che Stig­ma­ti­sie­rung setzte sich naht­los fort. Eine schmerz­hafte Kon­ti­nui­tät, die bis heute nach­wirkt. Nur wenig ist bekannt über das Leben jener, die die Ver­fol­gung über­leb­ten. Viele wur­den erneut inhaf­tiert. Ent­schä­di­gun­gen blie­ben ihnen ver­wehrt und ihre Geschich­ten fan­den kei­nen Platz in der kol­lek­ti­ven Erin­ne­rung. Wie auch die ande­rer quee­rer Men­schen, die eben­falls unter der Fort­set­zung repres­si­ver Gesetze und sozia­ler Äch­tung litten.

Der Thea­ter­work­shop “Nach dem Rosa Win­kel” befasst sich mit der andau­ern­den Ver­fol­gung der Betrof­fe­nen und macht diese sicht­bar. Gemein­sam mit dem Regis­seur Mar­vin Wit­ti­ber laden das Thea­ter­mu­seum, die Mahn- und Gedenk­stätte sowie das Amt für Gleich­stel­lung und Anti­dis­kri­mi­nie­rung Düs­sel­dorf Jugend­li­che und junge Erwach­sene zwi­schen 16 und 27 Jah­ren dazu ein, aktiv beim Pro­jekt mit­zu­ma­chen. Inter­es­sierte kön­nen sich ab sofort via E‑Mail an mail@marvinwittiber.de für das Pro­jekt anmel­den. Anmel­de­schluss ist Sonn­tag, 9. Februar 2025.

Im Herbst 2024 setz­ten sich junge Men­schen unter der Lei­tung von Regis­seur Mar­vin Wit­ti­ber im Thea­ter­pro­jekt “Allein im Rosa Win­kel” inten­siv mit der Ver­fol­gung der quee­ren Szene im natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Düs­sel­dorf aus­ein­an­der. Nun setzt das Thea­ter­kol­lek­tiv diese Arbeit fort und wid­met sich den Kon­ti­nui­tä­ten der Dis­kri­mi­nie­rung nach 1945. Denn Düs­sel­dorf, einst ein Zen­trum der Homo­se­xu­el­len­ver­fol­gung im Drit­ten Reich, war auch in der Nach­kriegs­zeit ein Ort, an dem Aus­gren­zung und Stig­ma­ti­sie­rung quee­rer Men­schen unge­bro­chen fortdauerten.

Regis­seur Mar­vin Wit­ti­ber: “Mein Team und ich freuen uns sehr, dass wir nach dem gro­ßen Erfolg von ‘Allein im Rosa Win­kel’ die begon­nene künst­le­ri­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Thema fort­set­zen kön­nen. Dass uns alle Koope­ra­ti­ons­part­ner wei­ter­hin unter­stüt­zen, erfüllt uns mit gro­ßer Dank­bar­keit. Die Bio­gra­fien der nach § 175 Ver­folg­ten erin­nern uns daran, dass das Stre­ben nach Gerech­tig­keit kein Ende kennt. Beson­ders bewe­gend ist es zu sehen, wie die jun­gen Teilnehmer*innen ihre eige­nen Bio­gra­fien in den Kon­text die­ser Geschich­ten stel­len. Indem sie sich mit den Lebens­rea­li­tä­ten der Ver­folg­ten aus­ein­an­der­set­zen, schla­gen sie eine Brü­cke zwi­schen Ver­gan­gen­heit und Gegen­wart – und zei­gen, dass die Frage nach Gleich­be­rech­ti­gung und Würde noch immer aktu­ell ist. Wir machen also weiter.”

Die Work­shop-Tage wer­den aus theo­re­ti­schen und prak­ti­schen Ein­hei­ten bestehen. So erhal­ten die Teil­neh­men­den zum Bei­spiel einen Ein­blick in den his­to­ri­schen Kon­text. Die Gruppe wird sich gemein­sam mit der Mahn- und Gedenk­stätte kon­krete Bio­gra­fien und Akten anschauen. In einem prak­ti­schen Teil geht es dann um die klas­si­sche Thea­ter­ar­beit (Kör­per- und Stimm­ar­beit, Impro­vi­sa­tion, cho­ri­sches Spre­chen, Mono­loge und das Ent­wi­ckeln von Sze­nen). In dem Rah­men wird es außer­dem einen gemein­sa­men Schreib­work­shop mit der Autorin Simone Saf­tig und einen musi­ka­li­schen Work­shop mit der Musi­ke­rin Marion Sher­wood geben. Die Ergeb­nisse des Thea­ter­pro­jekts wer­den am Ende bei einer Abschluss­prä­sen­ta­tion im Thea­ter­mu­seum vorgestellt.

Work­shop-Ter­mine
Der Inten­siv-Thea­ter­work­shop für Jugend­li­che und junge Erwach­sene ab 16 Jah­ren wird im Zeit­raum von Sams­tag, 15. Februar, bis Frei­tag, 21. Februar 2025, ver­an­stal­tet. Am 15. und 16. Februar jeweils von 10 bis 18 Uhr, am 20. Februar von 18 bis 22 Uhr und am 21. Februar von 13.30 bis 17.30 Uhr. Die Work­shop­ein­hei­ten fin­den pri­mär im Thea­ter­mu­seum, Jäger­hof­straße 1, statt. Die Teil­neh­men­den benö­ti­gen keine Thea­ter-Erfah­run­gen oder the­ma­ti­sche Vor­kennt­nisse. Zur Abschluss­prä­sen­ta­tion am Frei­tag, 21. Februar, und Sams­tag, 22. Februar, um jeweils 19.30 Uhr, wer­den dann alle Inter­es­sier­ten ins Thea­ter­mu­seum ein­ge­la­den. Diese fin­det im Rah­men des Erin­ne­rungs­zy­klus 80 Jahre Befrei­ung und Kriegs­ende statt.

Hin­ter­grund
“Nach dem Rosa Win­kel” ist der zweite Teil der Rosa-Win­kel-Tri­lo­gie des freien Thea­ter­kol­lek­tivs Düs­sel­Drama. In drei zusam­men­hän­gen­den Inten­siv-Thea­ter­work­shops erforscht das künst­le­ri­sche Team um Regis­seur Mar­vin Wit­ti­ber mit Jugend­li­chen und jun­gen Erwach­se­nen die Lebens­rea­li­tä­ten quee­rer Düsseldorfer*innen – vor, wäh­rend und nach der NS-Zeit. Der erste Teil, “Allein im Rosa Win­kel”, ent­stand im Herbst 2024. Den Abschluss der Tri­lo­gie bil­det “Vor dem Rosa Win­kel”, der im Win­ter 2025/26 zu sehen sein wird. Das Thea­ter­pro­jekt “Nach dem Rosa Win­kel” wird in Kopro­duk­tion mit dem Thea­ter­mu­seum Düs­sel­dorf, in Koope­ra­tion mit der Mahn- und Gedenk­stätte Düs­sel­dorf, Que­ere Geschichte(n) Düs­sel­dorf e. V. und dem Amt für Gleich­stel­lung und Anti­dis­kri­mi­nie­rung Düs­sel­dorf sowie in Zusam­men­ar­beit mit der Les­ben- und Schwu­len­bi­blio­thek Düs­sel­dorf (LuSBD) realisiert.