Die neue Stele wurde am Don­ners­tag, 9. Januar, ent­hüllt von: (V. l.) Archi­tekt Jurek M. Slapa, der die Stele kre­ierte, Bezirks­bür­ger­meis­te­rin Marina Spill­ner, Jon­ges-Baas Wolf­gang Rol­s­ho­ven, Annette Klinke (BV1), OB Tho­mas Gei­sel und Benno Mau­bach (Frankonia),©Landeshauptstadt Düsseldorf/Melanie Zanin

 

Im Gebäu­de­en­sem­ble des Andreas-Quar­tiers befan­den sich bis Ende 2009 das Düs­sel­dor­fer Land- und Amts­ge­richt. Mit einer illu­mi­nier­ten Stele auf der Müh­len­straße wird zukünf­tig auf das ehe­ma­lige Gericht hin­ge­wie­sen. Die Errich­tung der Stele erfolgte auf Beschluss der Bezirks­ver­tre­tung 1. Ein Text auf der Säule, der von der Mahn- und Gedenk­stätte ver­fasst wurde, umreißt die bewegte Geschichte des Jus­tiz­ge­bäu­des. Ober­bür­ger­meis­ter Tho­mas Gei­sel, Bezirks­bür­ger­meis­te­rin Marina Spill­ner und Benno Mau­bach, Nie­der­las­sungs­lei­ter Düs­sel­dorf der Fran­ko­nia Euro­bau AG, die das Andreas-Quar­tier ent­wi­ckelt und die Säule der Stadt geschenkt hat, ent­hüll­ten am Don­ners­tag, 9. Januar, die neue Stele.

Ober­bür­ger­meis­ter Tho­mas Gei­sel: “Durch die Stele wird nicht nur an den ehe­ma­li­gen Jus­tiz­stand­ort an der Müh­len­straße erin­nert. Mit­hilfe des Tex­tes kön­nen die Men­schen zudem mehr über die wech­sel­volle Geschichte des ehe­ma­li­gen Gerichts erfah­ren, die fast ein gan­zes Jahr­hun­dert umspannt. Ich bin Fran­ko­nia für diese Schen­kung sehr dank­bar. Sie zeigt, dass das Andreas-Quar­tier feste Wur­zeln in der Düs­sel­dor­fer Alt­stadt gefun­den hat — und sich aller Licht- und Schat­ten­sei­ten unse­rer beweg­ten Stadt­ge­schichte bewusst ist.”

“So sehr wir uns auch über die bau­li­che Neu­nut­zung des ehe­ma­li­gen Jus­tiz­ge­bäu­des freuen, so woll­ten wir doch gleich­zei­tig auch den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern die Mög­lich­keit geben, sich auch über die Ver­gan­gen­heit des Gerichts zu infor­mie­ren. So ver­bin­den wir die Gegen­wart mit unse­rer Stadt­ge­schichte”, sagt Bezirks­bür­ger­meis­te­rin Marina Spillner.

Zur His­to­rie des ehe­ma­li­gen Justizgebäudes
An der vor­de­ren Müh­len­straße befan­den sich seit dem 16. und 17. Jahr­hun­dert über­wie­gend öffent­li­che Gebäude, die zum fürst­li­chen Hof der Lan­des­her­ren von Jülich-Berg zähl­ten: Hier war das erste Opern­ge­bäude der Stadt ebenso ange­sie­delt wie eine Reit­schule oder der Alte Mar­stall. Auf der gegen­über­lie­gen­den Stra­ßen­seite befand sich ein Jesui­ten­kol­leg mit der ange­schlos­se­nen Andreas-Kir­che. Im Jahre 1766 ließ der pfäl­zi­sche Kur­fürst Carl Theo­dor für sei­nen ber­gi­schen Statt­hal­ter ein Palais errich­ten, in dem spä­ter auch Her­zog Wil­helm in Bay­ern, der fran­zö­si­sche Groß­her­zog Joa­chim Murat und schließ­lich die preu­ßi­schen Regie­rungs­prä­si­den­ten resi­dier­ten. Das Statt­hal­ter­pa­lais wurde 1911/12 abge­ris­sen. Nur den mitt­le­ren Haupt­ein­gang ver­setzte man und inte­grierte ihn in den Innen­hof des neuen Jus­tiz­ge­bäu­des. Dort ist er bis heute erhal­ten. Der denk­mal­ge­schützte vor­dere Bereich des ehe­ma­li­gen Jus­tiz­ge­bäu­des wurde von 1913 bis 1923 nach Plä­nen des Archi­tek­ten Felix Dechant erbaut. Die mas­si­ven Säu­len, die dem vier­stö­cki­gen Jus­tiz­pa­last vor­ste­hen, sowie die Reli­efs und Figu­ren der Bild­hauer Leo­pold Fleisch­ha­cker und Fried­rich Cou­bil­lier ver­lei­hen dem ehe­ma­li­gen Gerichts­ge­bäude einen ein­ma­li­gen Cha­rak­ter, der für die ganze Stra­ßen­front prä­gend wirkt.

NS-Unrecht
Land- und Amts­ge­richt, die hier ab 1920/21 ihren Dienst­be­trieb gemein­sam auf­nah­men, gehör­ten zum Bezirk des Ober­lan­des­ge­richts Düs­sel­dorf. Die gesamte Fer­tig­stel­lung erfolgte 1923. Zwi­schen 1933 und 1945 wur­den in den Gerich­ten NS-Unrechts­ur­teile gefällt. Hier ent­schie­den Amts­ärzte und Rich­ter über Zwangs­ste­ri­li­sa­tio­nen von angeb­lich “Erb­kran­ken”, Behin­der­ten und “Aso­zia­len”. Das Land­ge­richt urteilte ab 1935 bei angeb­li­cher “Ras­sen­schande” gegen Juden. Zudem gab es Urteile gegen poli­ti­sche Geg­ner des Regimes, “Volks­schäd­linge” und angeb­li­che “Berufs­ver­bre­cher”. Auch wur­den in Düs­sel­dorf mas­sen­haft Män­ner auf­grund ihrer Homo­se­xua­li­tät zu lan­gen Haft­stra­fen verurteilt.

NS-Pro­zesse in der Nachkriegszeit
In der Nach­kriegs­zeit machte das Land­ge­richt inter­na­tio­nal vor allem als Ort von NS-Pro­zes­sen auf sich auf­merk­sam. Bei den Pro­zes­sen “Treb­linka II” (1964/1965), “Treb­linka III” (1970) und “Maj­da­nek” (1975 bis 1981) waren ehe­ma­lige Ange­hö­rige der Kom­man­dan­tu­ren und der SS-Wach­mann­schaf­ten von Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern ange­klagt. Das kom­plexe Wirt­schafts­ver­fah­ren im “Man­nes­mann-Pro­zess” (2004 bis 2006), bei dem es um Prä­mi­en­zah­lun­gen bei der Über­nahme von Man­nes­mann durch Voda­fone ging, wurde welt­weit wahrgenommen.

Der Umbau
Im Win­ter 2009/2010 war die Zeit als Jus­tiz­stand­ort vor­bei: Das Land- und Amts­ge­richt gab das Gesamt­ge­bäude auf und zog in einen Neu­bau an die Wer­de­ner Straße im Stadt­teil Ober­bilk. Unter dem Namen “Andreas-Quar­tier” ent­wi­ckelte die Fran­ko­nia ein neues Stadt­vier­tel mit einer Mischung aus Woh­nun­gen, Hotel, Gastronomie‑, Büro- und Gewer­be­flä­chen. 2017 wurde das Andreas-Quar­tier offi­zi­ell eröffnet.