Auch im zweiten Corona-Jahr gelang es, trotz ausgefallener Vortragsreihen ein Düsseldorfer Jahrbuch zusammenzustellen. Der zeitliche Schwerpunkt liegt in diesem Jahr eindeutig im 20. Jahrhundert. Von den insgesamt sieben Aufsätzen möchten wir im Rahmen der PK drei Beiträge etwas näher vorstellen, die Autorin und die Autoren werden für Fragen zur Verfügung stehen.
Eine besondere Aktualität entfaltet der Beitrag der RP-Redakteurin Stefanie Geilhausen, denn Sie untersucht „Das ungesühnte Verbrechen. Der Umgang mit dem Wehrhahn-Attentat.“ Dieses furchtbare Ereignis aus dem Jahr 2000 ist bis zum heutigen Tag nicht aufgeklärt. Zehn Menschen wurden teils lebensgefährlich verletzt, eine Schwangere verlor ihr Kind. Die Autorin reflektiert das Handeln von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten, ordnet den Anschlag auch in den politischen Kontext ein und schildert die quälend langsamen Ermittlungen, die immer wieder ins Leere laufen und mehrfach eingestellt wurden. 2021 wurde ein Verdächtiger letztlich durch den Bundesgerichtshof freigesprochen. Sie stützt sich in diesem Beitrag auf eine ausführliche Prozessdokumentation sowie Pressetexte. Damit wird im Düsseldorfer Jahrbuch erstmalig ein Beitrag veröffentlicht, dessen Gegenstand bis ins Vorjahr der Publikation reicht – und eigentlich bis heute nicht als abgeschlossen gelten darf.
Bastian Fleermann schildert in seinem Beitrag das Schicksal dreier Düsseldorfer im KZ Sachsenhausen. Kaspar Anraths und Benedikt Schmittmann wurden dort brutal ermordet, Friedrich Maase überlebte und konnte noch kurz vor seinem Tod im Jahr 1959 dem Bonner Landgericht als wichtiger Zeuge zur Verfügung stehen. Alle drei gehörten keiner klassischen Opfergruppe an, etwa Kommunisten oder sogenannte „Berufsverbrecher“, Homosexuelle etc., sondern zählten aufgrund ihrer unterschiedlichen, dennoch widerständigen Haltung zu den sogenannten „Individualisten“ und waren der Brutalität des Lageralltags besonders schutzlos ausgesetzt. Sie wurden wie viele andere auch kurz nach Kriegsbeginn unter dem Vorwand verhaftet, dass von ihnen im Mobilisierungsfall eine Gefahr ausgehen könnte. In Düsseldorf recht prominent ist bis heute der postum mehrfach geehrte Sozialwissenschaftler Benedikt Schmittmann.
Benedikt Mauer geht in seinem Beitrag einem Konflikt zwischen Düsseldorf und Köln nach, diesmal auf dem Gebiet der Kultur. In den Jahren 1935/36 bemühte sich die Stadt Düsseldorf, die Gemäldesammlung der Familie Carstanjen zu erwerben. Das Problem dabei war aber der damalige Ausstellungsort, denn die knapp 50 hochwertigen Stücke – darunter mehrere Gemälde von Rembrandt, Frans Hals, Canaletto u.a. befanden sich als Leihgabe samt Vorkaufsrecht im Kölner Wallraf-Richartz-Museum. Sie waren qualitativ der Kern der Frühneuzeitabteilung dieses Hauses. Gleichwohl bemühte man sich zunächst im Geheimen, diese Stücke zu dem Zweck zu erwerben, die Düsseldorfer Kunstsammlungen auf einen Schlag in die erste Reihe der deutschen Museen zu stellen und zudem auf der Ausstellung „Schaffendes Volk“ 1937 erstmalig in Düsseldorf zu präsentieren. Das Vorhaben scheiterte und führte zu einem politischen Eklat, in dessen Kontext alte Animositäten wiederauflebten.