Haus der Geschichte Foto: LOKALBÜRO

 

Umfang­rei­che Pri­vat­samm­lung zu Con­ter­gan wird Teil der Samm­lung des Hau­ses der Geschichte Nordrhein-Westfalen

Mit dem Namen Con­ter­gan ist einer der größ­ten Arz­nei­mit­tel­skan­dale in der deut­schen Nach­kriegs­ge­schichte ver­bun­den. Die umfang­rei­che Pri­vat­samm­lung doku­men­tiert die ver­hee­ren­den Aus­wir­kun­gen des Medi­ka­ments, seine lange Nach­ge­schichte und die Fol­gen für die Betrof­fe­nen seit über 60 Jahren.

Das nord­rhein-west­fä­li­sche Phar­ma­un­ter­neh­men Grü­nen­thal aus Stol­berg bei Aachen ver­trieb seit 1957 das rezept­freie Schlaf- und Beru­hi­gungs­mit­tel Con­ter­gan. In den frü­hen 1960er Jah­ren stellte sich her­aus, dass das Prä­pa­rat die Föten mas­siv schä­digt, wenn es in der frü­hen Schwan­ger­schaft ein­ge­nom­men wird. Allein in Deutsch­land kamen durch das Prä­pa­rat laut Angabe des Bun­des­ver­bands Con­ter­gan­ge­schä­dig­ter e. V. rund 5.000 Kin­der mit schwe­ren kör­per­li­chen Beein­träch­ti­gun­gen auf die Welt. Die Anzahl der nicht­re­gis­trier­ten Betrof­fe­nen liegt Schät­zun­gen zufolge weit höher. Ein zwei­ein­halb Jahre dau­ern­der Pro­zess, der die Ver­ant­wor­tung für den Skan­dal auf­klä­ren sollte, endete im Dezem­ber 1970 mit der Ein­stel­lung des Ver­fah­rens. Noch heute sind tau­sende Betrof­fene auf Pro­the­sen, medi­zi­ni­sche Hil­fen, Assis­tenz und Pflege im All­tag angewiesen.

Samm­lung über Jahr­zehnte aufgebaut
Die 1961 in Düs­sel­dorf gebo­rene Catia Mon­ser, selbst Con­ter­gan-Geschä­digte, hat in fast fünf Jahr­zehn­ten rund 100 Objekte zusam­men­ge­tra­gen – dar­un­ter Pro­the­sen, sämt­li­che Dar­rei­chungs­for­men von Con­ter­gan und Con­ter­gan-forte in Ori­gi­nal­ver­pa­ckun­gen, Bei­pack­zet­tel, Wer­be­ar­ti­kel der Firma Grü­nen­thal – sowie eine umfang­rei­che Biblio­thek mit rund 900 Büchern zum Con­ter­gan-Skan­dal. Die Samm­lung doku­men­tiert die schwer­wie­gen­den medi­zi­ni­schen Fol­gen des Mit­tels, den Ver­lauf des Straf­ver­fah­rens gegen Ver­ant­wort­li­che der Firma Grü­nen­thal sowie die Arbeit von Opfer­ver­bän­den. Der Bestand ent­hält außer­dem Requi­si­ten des zwei­tei­li­gen Fern­seh­films des West­deut­schen Rund­funks zum Con­ter­gan-Skan­dal aus dem Jahr 2007 sowie Pres­se­ma­te­rial und per­sön­li­che Doku­mente der Samm­le­rin und Buch­au­to­rin. „Ich freue mich sehr, dass meine Samm­lung zu Con­ter­gan, die ich über Jahr­zehnte auf­ge­baut habe, nun einen fes­ten Platz in der Samm­lung des Hau­ses der Geschichte Nord­rhein-West­fa­len erhält“, sagt Catia Mon­ser. „So bleibt der Con­ter­gan-Skan­dal ein Teil unse­res kol­lek­ti­ven Gedächt­nis­ses und gerät nicht in Ver­ges­sen­heit. Das ist nicht nur für uns Betrof­fene wich­tig, son­dern auch für künf­tige Gene­ra­tio­nen, um aus den Feh­lern und Ver­säum­nis­sen zu ler­nen, die das Leben unzäh­li­ger Geschä­dig­ter geprägt haben und noch heute prä­gen“, erläu­tert die Samm­le­rin weiter.

Her­aus­ra­gen­der his­to­ri­scher Stellenwert
Für Dr. Gabriele Uels­berg, Mit­glied im Prä­si­dium der Stif­tung Haus der Geschichte Nord­rhein-West­fa­len, besitzt die ein­zig­ar­tige Samm­lung von Catia Mon­ser einen her­aus­ra­gen­den his­to­ri­schen Stel­len­wert: „Der Con­ter­gan-Skan­dal hatte welt­weite Aus­wir­kun­gen, geht aber von Nord­rhein-West­fa­len aus“, erläu­tert Uels­berg. „Die Viel­falt der The­men und Objekte der Samm­lung von Catia Mon­ser ist beein­dru­ckend. Sie ermög­licht es, den Con­ter­gan-Skan­dal in sei­ner gan­zen Kom­ple­xi­tät dar­zu­stel­len, mit all sei­nen medi­zi­ni­schen, juris­ti­schen, mora­li­schen und mensch­li­chen Facetten“.

Muse­umMo­bil zeigt Objekte der Sammlung
Einen ers­ten Blick auf Objekte aus der Samm­lung kön­nen Besu­che­rin­nen und Besu­cher in der Aus­stel­lung „Muse­umMo­bil. Wir suchen Ihre NRW-Geschichte“ des Hau­ses der Geschichte Nord­rhein-West­fa­len wer­fen, die in den nächs­ten Jah­ren alle Kreise und kreis­freien Städte in Nord­rhein-West­fa­len besu­chen wird. Darin zu sehen sind eine Arm­pro­these und unter­schied­li­che Con­ter­gan-Ver­pa­ckun­gen. Nach den drei ers­ten Sta­tio­nen in Aachen, Gel­sen­kir­chen und Det­mold besucht Muse­umMo­bil in die­sem Jahr ab Mitte März acht wei­tere Sta­tio­nen, dar­un­ter Vre­den (24.3. – 2.4.), Stift Quer­n­heim / Her­ford (29.4. – 7.5.), Solin­gen (16.6. – 25.6.), Arns­berg (19.7. – 30.7.), Wesel (4.8. – 13.8.) und Mön­chen­glad­bach (8.9. – 17.9.).

 

Foto (v. l.): Catia Mon­ser über­gibt ihre Con­ter­gan-Samm­lung an Dr. Gabriele Uels­berg, Prä­si­di­ums­mit­glied der Stif­tung Haus der Geschichte Nord­rhein-West­fa­len © Haus der Geschichte Nordrhein-Wesftalen