Vor 15 Jahren gestohlen, sind nun 17 handkolorierte Karten aus dem Jahr 1590 in die Universitäts- und Landesbibliothek (ULB) zurückgekehrt. Dank der vor einigen Jahren erstellten Digitalisate konnte die ULB zweifelsfrei nachweisen, dass die Werke aus ihrem Bestand waren. Kathrin Kessen, Leitende Direktion der ULB Düsseldorf, ist froh, dass die Digitalisierung hier auch als Diebstahlschutz wirkte: „Es ist klar, dass die Kulturgutdigitalisierung Bestand schützen kann, indem sie ermöglicht, dass in vielen Fällen statt des Originals das Digitalisat verwendet wird. Aber so kann Digitalisierung den Bestand vor Diebstahl oder zumindest dem offenen Handeln mit dem Diebesgut schützen.“
Der sehr selten überlieferte Atlas Itinerarium Europae wurde um 1590 im Taschenformat speziell für Reisen aufgelegt und in Köln publiziert. Bis 2009 ist seine Benutzung nachvollziehbar, irgendwann danach muss er gestohlen worden sein. Der Atlas war zuvor, wie ein Großteil der historischen Bestände der ULB, digitalisiert worden, jede einzelne der handkolorierten Karten wurde eingescannt. Zum Glück, denn nur dank der Digitalisate konnte die ULB zweifelsfrei ihren Besitzanspruch an den Karten nachweisen: 17 der insgesamt 82 Karten kehrten nun aus den USA, Italien, Tschechien und der Schweiz zurück.
Bei einer Recherche zu historischen Kartenwerken stieß eine Mitarbeiterin der Bibliothek 2022 auf der Website eines amerikanischen Antiquariats auf Karten aus dem Itinerarium Europae. Sie waren aus dem Atlas herausgelöst und beschnitten worden und wurden über die Website einzeln zum Kauf angeboten – eine im Antiquariatshandel durchaus übliche Praxis. Nach dem Abgleich der Kartendigitalisate der ULB mit denen des Antiquariats stand eindeutig fest: Die angebotenen Karten stammten aus dem vermissten Exemplar des Atlas. „Besondere Exemplarspezifika, wie Wasserschäden, Beschädigungen des Randes, der Verlauf der Farben bei der Handkolorierung oder Fehlstellen im Falz ermöglichten uns, den Atlas eindeutig zuzuordnen“, so Dr. Ute Olliges-Wieczorek, Dezernentin Landesbibliothek und Sonderbestände der ULB. Das Justitiariat der Heinrich-Heine-Universität machte gegenüber dem Antiquariat den Herausgabeanspruch geltend, wohl wissend, dass es schwierig werden würde, die Rückforderung der Karten vor amerikanischen Gerichten durchzusetzen.
Nach Sichtung der Digitalisate der ULB bestand bei dem amerikanischen Antiquar kein Zweifel, dass es sich bei den Karten um die in der ULB vermissten handelte. Er leitete unverzüglich die Rückgabe der noch nicht verkauften Karten in die Wege, die er selbst vor vielen Jahren bei der Auflösung eines deutschen Antiquariats, dessen Eigentümer verstorben war, im Rheinland erworben hatte. Zudem bat er seine Kunden um Rückgabe bereits gekaufter Karten: Käufer aus Italien, Tschechien und der Schweiz schickten daraufhin die wertvollen Karten an die HHU zurück. So erhielt die ULB bislang insgesamt 17 der 24 über das Antiquariat angebotenen Karten zurück. Sie wurden konservatorisch begutachtet und stehen der Forschung jetzt wieder im Original im Sonderlesesaal der ULB zur Verfügung. Selbstverständlich sind sie auch weiterhin digital offen zugänglich.