Geplant und kura­tiert wurde die Son­der­aus­stel­lung von Regina Mül­ler, die seit Anfang des Jah­res Wis­sen­schaft­li­che Volon­tä­rin im Goe­the-Museum ist,©Landeshauptstadt Düsseldorf/David Young

 

Die­ses Werk löste euro­pa­weit bei den Zeit­ge­nos­sin­nen und Zeit­ge­nos­sen ein wah­res “Fie­ber” aus: Goe­thes “Lei­den des jun­gen Wert­hers”. Junge Leser klei­de­ten sich wie der Prot­ago­nist, tru­gen blaue Frä­cke, gelbe Wes­ten und offene Hem­den, und eifer­ten der Lebens­weise des Wert­hers nach. Das Werk erlangte eine iko­ni­sche Bedeu­tung in der Lite­ra­tur- und Kul­tur­ge­schichte. Anläss­lich des 250. Jah­res­ta­ges des Erschei­nens des Wer­kes wid­met sich das Goe­the-Museum Düs­sel­dorf nun in einer eige­nen Son­der­aus­stel­lung die­sem “Wert­her-Fie­ber”. Unter dem Titel “Wert­her: Ein euro­päi­sches Ereig­nis” wird die Schau am Frei­tag, 18. Okto­ber 2024, um 18 Uhr im Schloss Jäger­hof, Jaco­bi­straße 2, eröff­net und ist bis zum 31. Dezem­ber zu sehen.

Schon bevor man das Goe­the-Museum betritt trifft man auf das bedeut­same Werk des deut­schen Dich­ters: Das XXL-Wert­her-Buch vor dem Goe­the-Museum, eine Nach­bil­dung der Erst­aus­gabe, erin­nert seit 2016 an Goe­thes 1774 erschie­ne­nen Erst­lings­ro­man. Wenige Monate vor dem Erschei­nungs­ter­min führte Goe­thes Rhein­reise den jun­gen Schrift­stel­ler zum ers­ten Mal in die auf­stre­bende Kunst­me­tro­pole Düs­sel­dorf, wo er, in unmit­tel­ba­rer Nähe zum Schloss Jäger­hof, bei der befreun­de­ten Fami­lie Jacobi wohnte.

Nun wird auch im Museum mit einer eige­nen Son­der­aus­stel­lung der Fokus auf die­ses große Werk Goe­thes gelegt. Die Schau besteht aus 74 Objek­ten, dar­un­ter auch die Erst­aus­ga­ben des Romans sowie zahl­rei­che euro­päi­sche Über­set­zun­gen und Nach­bil­dun­gen. In sechs Vitri­nen wer­den gra­phi­sche Illus­tra­tio­nen, Hand­schrif­ten und Bücher aus der Spe­zi­al­samm­lung des Goe­the-Muse­ums gezeigt. Dabei umfasst die Aus­stel­lung die The­men “Wert­her”, “Lotte und Albert”, “Über­set­zun­gen”, “Inter­tex­tua­li­tät”, “Brief- und Lese­kul­tur” und “Wert­he­ria­den”. Die Drei­ecks­be­zie­hung zwi­schen Wert­her, Lotte und Albert bil­det den Kern der Roman­hand­lung, die Aus­stel­lung erläu­tert die his­to­ri­schen Hin­ter­gründe: Goe­thes Auf­ent­halt in Wetz­lar sowie die Bekannt­schaft mit Char­lotte Buff und Johann Chris­tian Kest­ner. Beson­ders auf­schluss­reich ist zudem der Ein­blick in die Brief- und Lese­kul­tur des 18. Jahr­hun­derts: Wie und von wem wurde der “Wert­her” gele­sen und in wel­cher Weise haben Goe­thes Zeit­ge­nos­sen über ihre Lese­er­fah­run­gen berich­tet? Im 18. Jahr­hun­dert begann sich der Begriff “Europa” als iden­ti­täts­stif­ten­des Kon­zept zu eta­blie­ren. “Wert­her” wurde eben­dann zu einem Sym­bol für den Kon­flikt zwi­schen Indi­vi­duum und Gesellschaft.

Blick­fang der Aus­stel­lung sind ver­grö­ßerte Ide­al­por­träts der Roman­fi­gu­ren Wert­her und Lotte, nach dem Illus­tra­tor Daniel Niko­laus Cho­do­wiecki, die über einem Sofa in “Wert­her-Blau” hän­gen. Das Arran­ge­ment ent­spricht der Lie­bes­szene der Figu­ren nach der gemein­sa­men Lek­türe des “Ossian”. In der Ossian-Szene zitiert und reflek­tiert Wert­her über die Gedichte des schot­ti­schen Dich­ters James Macpher­son (1736–1796), der unter dem Pseud­onym des alt­gä­li­schen Bar­den Ossian antike, heroi­sche Gedichte ver­fasste. Wert­her und Lotte wer­den von der melan­cho­li­schen Stim­mung der Ossian-Dich­tung tief ergrif­fen sowie zuvor bereits weite Teile Euro­pas. In Goe­thes Roman ver­deut­licht die Szene Wert­hers tra­gi­schen Kon­flikt zwi­schen Ideal und Realität.

Geplant und kura­tiert wurde die Son­der­aus­stel­lung von Regina Mül­ler, die seit Anfang des Jah­res Wis­sen­schaft­li­che Volon­tä­rin im Goe­the-Museum und Stu­den­tin an der Hein­rich-Heine-Uni­ver­si­tät im Mas­ter­stu­di­en­gang Ger­ma­nis­tik ist. Sie bie­tet zudem am 22. Okto­ber und am 27. Novem­ber jeweils um 15 Uhr Füh­run­gen durch die Schau an. Für Kin­der gibt es auf der Web­site des Goe­the-Muse­ums im digi­ta­len Werk­raum Wert­her und Lotte als Anzieh­pup­pen zum Her­un­ter­la­den und Aus­schnei­den (www.goethe-museum.de/de). Diese wer­den zudem für die Dauer der Aus­stel­lung auch an der Muse­ums­kasse kos­ten­los ausliegen.

Anton Kip­pen­berg (1874–1950), des­sen umfang­rei­che Goe­the-Samm­lung im Museum unter­hal­ten und ent­wi­ckelt wird, hat maß­geb­lich dazu bei­getra­gen, dass der Brief­ro­man “Die Lei­den des jun­gen Wert­hers” auch im 20. Jahr­hun­dert als lite­ra­ri­sches Meis­ter­werk aner­kannt und ver­brei­tet wurde. Seine Arbeit als Ver­le­ger und Samm­ler hat den “Wert­her” in der moder­nen Buch­kul­tur ver­an­kert und ihn neuen Gene­ra­tio­nen von Lesern in hoch­wer­ti­gen Aus­ga­ben zugäng­lich gemacht.

 

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