![Der spannende Augenblick, wenn die Mottowagen am Rosenmontag ab 7 Uhr die Wagenbauhalle verließen. Die ganze Presse war versammelt, um den ersten Blick auf die Wagen zu erhaschen und live zu berichten.](https://www.lokalbuero.com/wp-content/uploads/2025/02/422605167_1138867954188141_5551985468738342378_n.jpg)
Der spannende Augenblick, wenn die Mottowagen am Rosenmontag ab 7 Uhr die Wagenbauhalle verließen. Die ganze Presse war versammelt, um den ersten Blick auf die Wagen zu erhaschen und live zu berichten © Lokalbüro
Von Manfred Fammler
Was gab es früher für ein Bohei um Jacques Tillys Rosenmontagswagen! Jeder wollte der Erste sein, der einen Blick auf die neuesten Kreationen des Düsseldorfer Satirikers werfen durfte. Doch der Zutritt zur Wagenbauhalle war – nach einem Gezeter von Stadtmutter und Stadtvater – strengstens untersagt. Das war richtig. Schließlich glich der Rosenmontag damit am Ende einem närrischen Weihnachten: Alle warteten gespannt auf die Bescherung.
Als Autor war die Aufregung für mich nicht so bedeutend. Die Zeitung erschien am nächsten Tag – bis auf die holländische Ausgabe, die erschien immer früher. Aber für die fotografierenden Kollegen war es selbst ohne das „Neuland“ Internet hektisch. Das hat sich heute noch verstärkt. Kaum haben die Wagen das alte Rheinbahndepot verlassen, gibt es die ersten Bilder und Kommentare im Netz.
Und nun dieser Schock: Das Comité Düsseldorfer Carneval verkauft Exklusivität an den WDR. Zwei geheime Mottowagen sollen vorab, also vor Rosenmontag, live in der TV-Sitzung des Düsseldorfer Karnevals gezeigt werden. Das ist völlig falsch!
Nur zur Info: Diese TV-Sendung wurde Anfang Januar aufgezeichnet! Zu einem Zeitpunkt, als Donald Trump noch „President elect“ war, die Kansas City Chiefs den Philadelphia Eagles noch nicht die Flügel gestutzt hatten und die Bundestagswahl samt Einsturz der Brandmauer zum Halloween-Horror zählte. Also zu einer Zeit, in der wir noch Hoffnungen hatten – außer für die Chiefs.
Es ist der falsche Weg, auch wenn ich mich wiederhole. Für mich kommt diese Aktion einem Verrat an alle Düsseldorfer Journalisten gleich, die sich jahrzehntelang auf den Modus Operandi eingelassen hatten: kein Einbruch, keine Spionage, kein auf die Nerven gehen, keine versteckten Kameras – und glauben Sie mir, es gab reichlich Kollegen, die gerne einen Vorab-Blick und eine Vorab-Veröffentlichung gehabt hätten. Doch mit dieser Aktion bricht das Comité ein Commitment, ein Ladies- und Gentlemen-Agreement nicht per Dekret, sondern durch seinen neuen Modus Operandi.
Doch lassen Sie mich über die enge journalistische Betrachtung hinausgehen. Die Geheimhaltung ist der Ausgangspunkt des Spannungsbogens des Düsseldorfer Rosenmontagszuges, der über die Stadt- und Landesgrenzen hinausstrahlt und wofür er berühmt ist. Den Vorhang zu einem festgelegten Zeitpunkt überraschend zu lüften – und damit die Erwartung des Publikums entweder zu enttäuschen oder zu bestätigen – ist das satirische Alleinstellungsmerkmal des Rosenmontagszuges der Landeshauptstadt.
So stellt sich letztendlich die Frage: Wem tut das CC damit einen Gefallen? Das lineare Fernsehen ist eine Erfindung des 20. Jahrhunderts. Glaubt das CC allen Ernstes, nur einen Zuschauer mehr am Rosenmontag vor die Flimmerkiste (auch ich bin eine Erfindung des vergangenen Jahrhunderts) zu locken? Oder war dies der Startschuss für den Ausverkauf des Karnevals, vielleicht sogar für eine Versteigerung nach dem Motto: drei Wagen für den Preis von zwei?
Ich werde dies nicht verhindern können, aber ich werde es weiter beobachten und hoffen, dass jedenfalls diese Brandmauer wieder aufgebaut wird.