Drogenhandel und Dealerszene an der Charlottenstraße – seit über drei Jahren kämpfen Anwohner und Bezirksbeamte der Polizei gegen diesen Sumpf. Die Polizei – erschreckend machtlos! Es fehlen Gesetze, vor allem Personal.
Doch Bürger und Polizei ließen nicht locker. Ein schönes Beispiel, dass Zivilcourage doch hilft. Lesen Sie mal, wie diese Allianz die Politik zum Handeln ermuntert hat…
„Und täglich grüßt Dein Drogendealer“ — seit Jahren spielte sich immer der gleiche Krimi ab: Gedealt wird im Schichtbetrieb. Die Frühschicht besteht aus vier bis sechs Händlern, sie verkaufen von 6 bis 14 Uhr. Ab 14 Uhr bis zur Dämmerung, also die Mittelschicht, besetzen 10 bis 15 Drogenhändler. Wird es dunkel, schwärmen sie aus. Ein Geschäftsmann: „Bis zu 50 Dealer habe ich an der Ecke Friedrich-Ebert und Charlottenstraße beobachtet.“
Drogen in städtischen Blumenkästen
Das Verkaufs-Personal ist gemischt. Der Einzelhändler: „Die Afrikaner verkaufen Haschisch, Mariahuana und Kokain, deutsche Dealer eher Heroin. Seit kurzem soll es auch Crack und Crystal Meth auf der Meile geben.“Die Käufer nehmen Kontakt auf. Bezahlen — und begleiten den Dealer dann zu dem gebunkerten Stoff. Oft verbuddelt in städtischen Blumenkästen.
Der Geschäftsmann weiter: „Die Drogenhändler, vor allem ihre Hintermänner sind gefährlich. Sie haben hier die Macht auf der Straße übernommen, die Polizei ist machtlos. Die Drogenhändler beleidigen und beschimpfen sie. Denn sie wissen genau: Werden sie festgenommen, sind sie vier Stunden später wieder da. So ist das Gesetz. Platzverweise, mit denen die Polizei Mitte der 90iger Jahre die Drogenkriminalität vor dem Hauptbahnhof bekämpft hat, sehen die neuen Verordnungen nicht mehr vor.“
Aber es gibt noch Zivilcourage. Bürger und Polizisten – in seltener Eintracht haben soviel Staub aufgewirbelt, dass die Verantwortlichen in der Politik handeln mussten. Es geht also.
Brief wurde zugespielt
Rund 40 Anwohner und Einzelhändler beschwerten sich bei der Polizei, der Stadt und den Parteien. Hinzu gesellten sich ihre Bezirksbeamten. Sie haben den Bürgerprotest durch einen Notruf an ihre Vorgesetzten unterstützt. Sehr deutlich, sehr mutig. Schließlich riskieren sie Probleme mit ihren Chefs.
Der Anwohner will erfahren haben, dass die Beschwerden von Anwohnern, Polizei und ein Artikel in der Rheinischen Post schließlich für Aufregung im Innenministerium gesorgt hätten. Von dort seien dann auch Handlungsaufforderungen gekommen. Freitag morgen meldete die Polizei:
Schwerpunkteinsatz
Offener Einsatz gegen die Drogenkriminalität — Polizei bekämpft Auswirkungen im Umfeld des Hauptbahnhofes — Personen- und Gaststättenkontrolle — Ermittlungen dauern an. Unter der Leitung der Polizeiinspektion Mitte wurde gestern wieder ein Einsatz gegen die Drogenkriminalität und deren Auswirkungen rund um den Düsseldorfer Hauptbahnhof und auf den angrenzenden Straßen durchgeführt. Beteiligt waren Beamte der “Altstadtwache” mit dem Schwerpunktdienst, dem Bezirksdienst, den Dienstgruppen, dem zivilen Einsatztrupp und dem Einsatztrupp PRIOS*. Die Aktion unterstützten auch die Spezialisten des Drogenkommissariats.An dem Einsatz waren auch uniformierte Mitarbeiter der Stadt Düsseldorf und der Rheinbahn beteiligt.Hier die erste Bilanz: 193 Personen wurden überprüft. 1 Person wurde mit Haftbefehl gesucht. Anzeigen gegen Konsumenten wegen des Erwerbs von Drogen. 3 Anzeigen gegen Dealer wegen des Verkaufs von Drogen. 6 weitere Anzeigen wegen des Verdachts des Diebstahls, eines Widerstandes und anderer Straftaten.Die Fahnder stellten 20 Konsumeinheiten Heroin und 15 Gramm Haschisch sicher. Die Ermittlungen des zuständigen Drogenkommissariats hierzu dauern an.Am Abend überprüften die Einsatzkräfte einschlägige Gaststätten rund um den Hauptbahnhof und führten Personenkontrollen durch.Viele der anwesenden Gäste hatten Erkenntnisse wegen Drogendelikten.Die täglichen Maßnahmen der Polizei und die wiederkehrenden großen Einsätze in dem Bereich sollen zur Verunsicherung der Rauschgiftszene führen. Die Aufklärungsmaßnahmen an den Brennpunkten laufen weiter und nach aktueller Auswertung der entsprechenden Erkenntnisse werden jetzt schon weitere gemeinsame Einsätze vorbereitet.
Der Geschäftsmann: „Die Präsenz der Polizei hilft. Augenblicklich ist es tagsüber deutlich besser. Doch wie lange kann die Polizei das leisten. Lässt ihre Präsenz nach, haben wir spätestens nach zwei Tage wieder alte Verhältnisse. Ich denke, hier ist die Politik gefragt. Als Sofortmaßnahme sollte der Gesetzgeber der Polizei juristisches Instrumentarium an die Hand geben, mit denen sie nachhaltig gegen die Dealer vorgehen kann.“
GdP: Konnte nicht gut gehen
Aber auch mehr Polizisten müssen auf die Straße. Auf Anfrage erklärt Stephan Hegger, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Misere: „Unter den Ex- NRW-Ministerpräsidenten Clement und Rüttgers wurden bei der Polizei 2000 Stellen gestrichen. Und die Ausbildungsplätze von 1100 pro Jahr um mehr als die Hälfte auf 500 gekürzt. Das konnte nicht gut gehen. Mit den Folgen dieser Spar- Orgie schlagen wir uns jetzt herum.“
Zwar hat die Politik inzwischen die verhängnisvollen Fehler ihrer Vorgänger erkannt, unter Ministerpräsidentin Kraft wurden die Polizei-Ausbildungsplätze erst auf 1400, später auf 1900 erhöht. Hegger: „Diese Ausbildungszahl muss jetzt verstetigt werden.“
Mehr Polizisten
Und es gibt Licht am Ende des Tunnels, die Beschwerden von Bürgern und Beamten wirken. Lokalbüro erfuhr von Plänen, 350 Polizisten von ihren Verwaltungs-Schreibtischen abzuziehen und an die Front zu schicken. Stephan Hegger: „Die Verwaltungsjobs machen dann Tarifkräfte. Die so freigewordenen Beamten werden auf acht NRW-Präsidien verteilt, in denen es besonders brennt. 35 bis 50 sollen nach Düsseldorf kommen.“