Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
sehr geehrte Ministerpräsidenten/innen und Minister/innen
Ich möchte Sie bitten, sich etwas Zeit für uns Schausteller zu nehmen.
Wir sind Schausteller mit Herz und Seele. Wir sind vielfältig wie kaum eine andere Branche. Es mag sein, dass wir in den vergangenen Monaten häufig sauer und polternd gewesen sind, aber wir sind bodenständig und realistisch genug, um zu erkennen, dass es unsere Branche mit am härtesten getroffen hat. Und dies wird wohl auch noch längere Zeit unerbittlich so weitergehen.
Wie Sie wissen, sind auch für dieses Jahr schon wieder viele Volksfeste abgesagt worden. Die Perspektiven sind für uns, unsere Familien und unsere Mitarbeiter düster.
Uns zittern die Hände während wir diese Zeilen schreiben, da sich für uns momentan — ohne zu übertreiben — existentielle Fragen stellen. Es geht um die Existenz unserer gesamten Branche, in die wir meist hineingeboren worden sind. So wie wir es von Kindesbeinen an gelehrt wurden, möchten wir versuchen Haltung zu bewahren, mit der Situation verantwortungsbewusst ‑wir wir es immer waren und sind — fertig zu werden.
Wir verzichten wie viele Mitbürgerinnen und Mitbürger auf so vieles ohne zu murren, aber wir sehen gerade wie in unserem Umfeld ohne Rückhalt die meisten Lebenswerke, die über Generationen aufgebaut wurden, jämmerlich und hilflos zugrunde gehen.
Wir leihen uns Geld bei Eltern und Freunden, uns werden Konten von Krankenkassen oder dem Finanzamt gesperrt, und ein großer Teil von uns ist hart verschuldet, weil die angekündigten Hilfen von November und Dezember 2020 immer noch nicht ausgezahlt worden sind. Unsere jahrelangen Mitarbeiter wechsekn in andere Branchen.
Viele von uns arbeiten wie gewohnt an ihren Geschäften. Sie machen alles klar für eine ungewisse Saison — und dies mit mittlerweilen leeren Kassen. Manche von uns werden langsam mürbe. Viele verlieren dem Lebensmut. Die Nerven liegen blank.
Es sind teils dramatische Nachrichten, die uns erreichen — auch und gerade wegen der so lange anhaltenden Ungewissheit.
Wir haben uns das alles über Jahrzehnte aufgebaut. Die Schausteller haben ihren Teil zum Wohlstand dieses Landes beigetragen und mit dem Beschicken unserer Traditionsvolksfeste, der Bundesrepublik Deutschland für Touristen ein umso sympathischeres Gesicht für Besucher aus der ganzen Welt gegeben. Schausteller haben seit je her tagtäglich 10 bis 16 Stunden geackert, ob an den Wochenenden oder Feiertagen!
Wir haben uns darüber nicht beschwert, obwohl es uns schon vor der Pandemie nicht besonders gut ging. Aber jetzt geht es für uns um alles.
Deshalb unterbreiten wir Ihnen unsere eindringliche Bitte:
Wir benötigen einen Plan. OHNE AUFSCHUB.
Unsere Angestellten laufen uns momentan systematisch davon, um in andere Branchen zu wechseln.Der dramatische Facharbeitermangel bestand bereits vor Corona.
Wir möchten alle wieder öffnen, arbeiten! Natürlich mit angepassten Hygienekonzepten. Aber nicht um jeden Preis und mit der nötigen Vorlaufzeit. Aber vor allem auch mit der Garantie, dass wir nicht ein paar Tage später wieder schließen müssen.
Wir bitten Sie wirklich alles in Bewegung zu setzen, damit die Hilfen für November und Dezember endlich ausgezahlt werden.
Momentan brauchen wir akut Liquidität. Wir sind nicht mehr in der Lage 2–3 Monatswechsel vorzustrecken.
Wir Schausteller sind für dieses Land und seine Menschen da, und wir nehmen diese Pandemie sehr ernst.
Wir möchten sicherere Orte für Freizeitaktivitäten und Brauchtum anbieten und garantieren.
Genau aus diesem Grund sind Volksfeste sicherer als öffentliche Plätze und Fußgängerzonen. Wenn Sie in der Innenstadt flanieren oder am Rhein spazieren, ist die Besucherdichte größer als auf einer Veranstaltungsfläche mit definierten Besucherzahlen und einem ausgearbeiteten Hygienekonzept. Dies konnten die Schausteller anlässlich einiger weniger Sonderveranstaltungen unter Beweis stellen. Leider waren dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein und resümierten sich letzten Endes in dem Spruch: « Außer Spesen nichts gewesen. »
Bereits im letzten Jahr wurden alle Volksfeste in Deutschland abgesagt, unsere letzten regulären Einnahmen waren im Dezember 2019!
Wenn es eine Zukunft für Kirmessen, Schützenfeste, Wiesen, Wasen und Weihnachtsmärkte geben soll, dann greifen Sie uns bitte jetzt unter die Arme.
Wir brauchen in diesem Augenblick die versprochenen Gelder, um die nächste Zeit überstehen zu können. Wir benötigen dringend eine Perspektive, um in kleinen Schritten wieder ans Laufen zu kommen.
Zusammen mit der Schaustellerei stehen insgesamt große Teile des deutschen Brauchtums auf der Kippe.
Zusammen sind wir stark! Wir brauchen Sie und Sie brauchen uns.
Toll geschrieben und es trifft genau auf den Punkt !
Traurig !