Ausstellung im Stadtmuseum wird eröffnet
Please find the English version of this text below/Die Ausstellung zum Kunsthistoriker und Galeristen Max Stern ist bis zum 30. Januar 2022 zu sehen
Die Landeshauptstadt Düsseldorf zeigt vom 2. September 2021 bis zum 30. Januar 2022 im Stadtmuseum die Ausstellung “Entrechtet und beraubt. Der Kunsthändler Max Stern”. Die Ausstellung rückt das Leben und Wirken des Kunsthändlers und Galeristen Max Stern (1904–1987) in den Fokus, zeigt die Geschichte seiner Familie und der Galerie, würdigt sein Wirken und erinnert an das Unrecht, das ihm im Nationalsozialismus widerfahren ist. 1937 wurde er gezwungen, seinen Kunsthandel an der Königsallee zu schließen, anschließend emigrierte er nach London. Während des Zweiten Weltkriegs wurde er 1940 als sogenannter “feindlicher Ausländer” in Großbritannien interniert und im selben Jahr an kanadische Internierungslager übergeben. Zwei Jahre später, nach seiner Entlassung, gelang ihm in Kanada ein beruflicher Neuanfang. Max Stern wurde in den darauf folgenden Jahrzehnten zu einem der bedeutendsten Galeristen des Landes.
Die Eröffnung der Ausstellung findet am morgigen Mittwochabend, 1. September, mit geladenen Gästen statt. Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller, die Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, Isabel Pfeiffer-Poensgen, und Ursula Mahler, Stellvertretende Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland, werden Grußworte sprechen. Der Kurator Dr. Dieter Vorsteher wird eine Einführung in die Ausstellung geben. Interessierte können die Eröffnung zudem via Livestream über www.duesseldorf.de verfolgen.
Kurz vor der Eröffnung fand am Dienstag, 31. August, ein Pressegespräch mit anschließendem Rundgang durch die Schau im Stadtmuseum mit Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller, Kulturdezernent Hans-Georg Lohe, dem Kurator Dr. Dieter Vorsteher, der stellvertretenden Leiterin des Stadtmuseums, Sigrid Kleinbongartz, sowie der Provenienzforscherin der Landeshauptstadt Düsseldorf, Jasmin Hartmann, statt.
Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller: “Die Ausstellung, die das Leben Max Sterns und seiner Familie und das Unrecht, das ihnen angetan wurde, dokumentiert, ist uns ein wichtiges Anliegen. Die Familie Stern war ein geachteter Teil des Düsseldorfer Bürgertums und ein wichtiger Akteur im Rheinischen Kunsthandel, bis ihr zunächst die Weiterführung der Kunsthandlung verwehrt wurde und sie aus Nazi-Deutschland fliehen musste. Das ist Teil unserer dunklen Vergangenheit in Deutschland und Düsseldorf. Heute ist es unsere Pflicht, diese Lebensgeschichten zu erzählen und an sie zu erinnern, damit sie niemals in Vergessenheit geraten.”
Kulturdezernent Hans-Georg Lohe: “Ich freue mich, dass wir die mehrfach verschobene Ausstellung über den Düsseldorfer Kunsthändler Max Stern nun zeigen können und damit sein Leben und Wirken würdigen, gleichzeitig aber auch das ihm und seiner Familie widerfahrene Unrecht aufzeigen. Für die neu konzipierte Schau konnten wir Dr. Dieter Vorsteher als Gastkurator gewinnen, der dabei von einem wissenschaftlichen Beirat unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Uwe Schneede, vom Team des Stadtmuseums sowie von der Stabsstelle Provenienzforschung der Landeshauptstadt Düsseldorf unterstützt worden ist.”
Sigrid Kleinbongartz, stellvertretende Leiterin des Stadtmuseums: “Die Ausstellung ermöglicht einem breiten Publikum einen Zugang zum Leben des aus Deutschland vertriebenen Kunsthändlers Max Stern. Ein weiteres Mal widmet sich das Stadtmuseum damit einer Persönlichkeit der Düsseldorfer Kulturszene der 1930er Jahre, die aufgrund des nationalsozialistischen Terrors zu Berufsaufgabe und Emigration gezwungen wurde. Das Schicksal von Max Stern und seiner Familie sowie ihrer Galerie auf der Königsallee sind Teil der Stadtgeschichte. Mit der Begleitpublikation, dem Katalog zur Ausstellung, erscheint zugleich ein Düsseldorfer Beitrag zur Max-Stern-Forschung.”
Kurator Dr. Dieter Vorsteher: “Die Ausstellung im Düsseldorfer Stadtmuseum bringt den Besucherinnen und Besuchern das Leben von Max Stern und seines Vaters als Düsseldorfer Kunsthändler näher. Der Kunsthandel der Familie Stern, mit dem sie 1913 in Düsseldorf begannen, zählte noch 1935 zu den bedeutenden Galerien der Stadt. Die Ausstellung will das Leben von Max Stern und die Leistungen der Familie würdigen. Mit der Ausstellung wird aber auch an das Schicksal der Familie und an die Zerstörung ihres Lebenswerks durch den Nationalsozialismus erinnert. Bereits der Titel der Ausstellung ‘Entrechtet und beraubt. Der Kunsthändler Max Stern’ verweist auf dieses Unrecht hin, das Max Stern und seine Familie nach 1933 in Düsseldorf widerfuhr.”
Die Ausstellung “Entrechtet und beraubt. Der Kunsthändler Max Stern”
Über 14 Stationen, die unter anderem aus großformatigen Tafeln bestehen, werden den Besucherinnen und Besuchern die Geschichte Max Sterns und seiner Familie sowie die Ereignisse um die Galerie erzählt. Die Stationen reichen thematisch von den Vorfahren Sterns, der Galeriegründung und Zeit in Düsseldorf über den Wendepunkt 1933, die Zeit des Nationalsozialismus, die Entrechtung und Flucht der Familie Stern bis hin zum Neuanfang Max Sterns in Kanada und der Suche nach den Bildern, die er in Deutschland zurücklassen musste. Biographische Zeugnisse, Archivalien, private Fotografien und zeitgenössisches Filmmaterial, Kunstwerke aus der Galerie Stern sowie eine interaktive Medienstation ergänzen dabei die Ausstellungskapitel.
Das Thema Provenienzforschung bildet einen weiteren Themenschwerpunkt der Ausstellung. In einem zentralen Raum werden die Arbeitsweise sowie aktuelle Recherchen der Düsseldorfer Forschung im Zusammenhang mit der Galerie von Julius und Max Stern vorgestellt. An einer vom Landschaftsverband Rheinland geförderten Medienstation können Besucherinnen und Besucher am Beispiel des Gemäldes “Abendstimmung an der Nordsee” von Heinrich Heimes der Herkunft interaktiv nachspüren. Akteurinnen und Akteure aus Wissenschaft, Verwaltung und Politik werden außerdem zu zwei Düsseldorfer Gemälden von Wilhelm von Schadow zu Wort kommen. In der gesamten Ausstellung laden Informationstafeln zu ausgewählten Gemälden dazu ein, die Wege von Kunstwerken, die in Zusammenhang mit der Galerie Stern stehen, zu verstehen.
Zu Beginn des Ausstellungsrundgangs wird auf die kontroverse Diskussion der vergangenen Jahre um die Ausstellung Stern verwiesen. Dort werden die Absage des ursprünglichen Ausstellungsprojektes und die Reaktionen der nationalen und internationalen Presse thematisiert. So sind an der Wand Zitate aus verschiedenen medialen Berichterstattungen zwischen 2017 und 2019 zu finden. Besucherinnen und Besucher, die sich vertiefend mit diesem Thema auseinandersetzen wollen, steht ein Pressespiegel zur Verfügung, eine Sammlung verschiedener Print- und Online-Artikel zur Schau.
Quellen und Leihgaben
Die Ausstellung präsentiert bislang unveröffentlichte Materialien aus Sterns Nachlass im Kontext mit wichtigen Dokumenten aus hiesigen Archiven. Der Kurator Dr. Dieter Vorsteher konnte Quellen in der National Gallery of Canada, Library and Archives (Ottawa) einsehen. Dort liegen die Nachlässe von Max Stern, seiner Londoner Galerie sowie der Nachlass der Familie Thalheimer (Schwester und Schwager von Max Stern). Es war so zum einen möglich, im Rahmen der Ausstellungsvorbereitung vor Ort zu forschen, zum anderen wurden im Anschluss Materialien aus dem kanadischen Archiv zur Verfügung gestellt. Im Zusammenhang mit den Recherchen in deutschen und europäischen Archiven wurde es so möglich, biographische und berufliche Stationen der Familie Stern nachzuzeichnen.
Zahlreiche Leihgaben aus Museen, Archiven und Bibliotheken bieten den Besuchenden Einblicke in das Leben und Wirken Max Sterns. In diesem Kontext wird erstmals die Gestapo-Akte Max Sterns aus dem Landesarchiv NRW im Original präsentiert, die die schrittweise Entrechtung und Beraubung der Familie Stern erfahrbar macht. Durch die Gemäldeleihgaben (Kunstpalast Düsseldorf, Deutsches Historisches Museum Berlin, Wallraf-Richartz-Museum Köln u.a.) wird das Narrativ der Familien- und Galeriegeschichte um den Aspekt der Objektbiografien erweitert. Werke namhafter Künstler wie Hercules Seghers, Adam Elsheimer und Vertreter der Düsseldorfer Malerschule erzählen ihre eigenen Geschichten zu Entdeckung, Kauf, Schenkung oder Tausch in Zusammenhang mit der Galerie Stern.
Eröffnung und eintrittsfreie Tage
Die Eröffnung der Ausstellung findet am Mittwoch, 1. September, 18 Uhr, mit geladenen Gästen im Stadtmuseum Düsseldorf, Berger Allee 2, statt. Interessierte können die Veranstaltung, die zusätzlich auch ins Englische übersetzt wird, via Live-Stream verfolgen, über www.duesseldorf.de.
Anlässlich der Ausstellungseröffnung lädt das Stadtmuseum zudem zu einer Aktion ein: So haben Bürgerinnen und Bürger am 2. und 3. September die Möglichkeit, die Schau bei freiem Eintritt zu entdecken.
Begleitprogramm und Katalog
Begleitend zur Schau wird es zudem Führungen durch die Ausstellung geben. Für diese ist aufgrund der begrenzten Teilnehmendenzahl eine vorherige Anmeldung unter der Rufnummer 0211–8996170 erforderlich. Folgende Termine stehen bereits fest: Sonntag, 5. September, 15 Uhr; Donnerstag, 9. September, 17 Uhr; Sonntag, 19. September, 15 Uhr; Donnerstag, 23. September, 17 Uhr; Sonntag, 3. Oktober, 15 Uhr. Weitere Termine folgen und werden veröffentlicht unter: www.duesseldorf.de/stadtmuseum
Zur Ausstellung wird zudem ein 244 Seiten starker Katalog herausgegeben. Dieser ist unter anderem im Stadtmuseum erhältlich. Der Museumspreis beträgt 24,90 Euro. Die Veröffentlichung ist auch im Buchhandel zu erwerben: “Entrechtet und beraubt. Der Kunsthändler Max Stern”, Stadtmuseum Düsseldorf 2021, Köln 2021; Herausgeber: Stadtmuseum Düsseldorf im Auftrag der Landeshauptstadt Düsseldorf; Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König; ISBN: 978–3‑7533–0020‑7
Hintergrund:
Entwicklung der Ausstellung
Die Stadt Düsseldorf restituierte im November 2013 ein Selbstbildnis des Künstlers Wilhelm von Schadow an den Stern Estate. Das Gemälde wurde von Max Sterns Erben in großzügiger Weise dem Stadtmuseum fortan als Dauerleihgabe überlassen. Ein gemeinsames Ausstellungsprojekt zu Max Stern wurde initiiert. Nachdem 2017 die ursprünglich geplante Ausstellung zu Stern zunächst abgesagt wurde, wurde nach kurzer Zeit beschlossen, die Schau in neu konzipierter Form zu einem späteren Zeitpunkt im Stadtmuseum zu zeigen. Im Vorfeld der Ausstellung hatte die Landeshauptstadt Düsseldorf im Februar 2019 unter dem Titel “Die Galerie Stern im Kontext des Rheinischen Kunsthandels während des Nationalsozialismus” zu einer internationalen Tagung in das Haus der Universität mit 150 Gästen eingeladen. Mittels Einzelfallanalysen und Kontextforschung unter anderem zur Händlertätigkeit von Max Stern im Vergleich mit anderen Düsseldorfer und rheinischen Kunsthändlern sollte der Komplexität des Themas Rechnung getragen werden. Die Erkenntnisse des Symposiums sind auch in die Ausstellungskonzeption eingeflossen.
Mit der damaligen Absage der Ausstellung haben auch einige wichtige Kooperationspartner ihre Teilnahme abgesagt, darunter das Max Stern Art Restitution Project oder das kanadische Kuratorenteam. In den vergangenen Jahren wurde der Kontakt mehrfach gesucht, um eine erneute gemeinsame Zusammenarbeit zu ermöglichen bzw. wiederaufzunehmen. Es blieb jedoch bei der Absage dieser Kooperationspartner.
Die neu konzipierte Ausstellung sollte ursprünglich bereits im Herbst vergangenen Jahres präsentiert werden. Aufgrund der Corona-Lage und den damit verbundenen Maßnahmen musste die Ausstellung jedoch in das Jahr 2021 verschoben werden.
Zum Kunsthistoriker Max Stern
Der Kunsthistoriker Max Stern stieg 1928 in die 1913 gegründete und seit 1917 an der Königsallee ansässige Galerie seines Vaters Julius Stern (1867–1934) ein. Sie zählte neben den Galerien von Alfred Flechtheim, Johanna Ey, Hans und Georg Paffrath und Dr. Joseph Schönemann zu den prominentesten Adressen des Düsseldorfer Kunsthandels im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Max Stern gehört zu den Opfern des Nationalsozialismus. Wegen seiner jüdischen Abstammung wollte die Reichskammer der Bildenden Künste Max Stern im August 1935 als Mitglied ausschließen. Die Mitgliedschaft war Voraussetzung für eine Tätigkeit als Kunsthändler. Das Verfahren zog sich über zwei Jahre hin. Im September 1937 war Stern endgültig gezwungen, seine Galerie aufzulösen. Stern floh kurze Zeit darauf über Paris nach London. 1940 wurde er in Großbritannien interniert und von dort aus nach Kanada gebracht.