Koh­le­trans­porte für die Düs­sel­dor­fer Kraft­werke im Zwei­ten Welt­krieg über die Stre­cke nach Moers im Jahr 1939: Eine Elek­tro-Loko­mo­tive der Rhein­bahn steht mit einem Koh­le­zug am König­li­chen Hof in Moers zur Abfahrt in Rich­tung Düs­sel­dorf bereit. Foto: Rheinbahn

 

Der Oldie-Fuhr­park der Rhein­bahn ist um ein Glanz­stück rei­cher: Eine fast hun­dert Jahre alte E‑Lok von AEG hat das Team der Lackie­re­rei von unzäh­li­gen Schich­ten Rost und alter Farbe befreit und in lie­be­vol­ler Klein­ar­beit frisch restauriert. 

Zehn Liter Rost­schutz­grun­die­rung, 13 Kilo­gramm Spach­tel­masse, 20 Liter Schleif­fül­ler, 80 Liter Lack in ver­schie­de­nen Far­ben und über 580 Arbeits­stun­den allein in der Lackie­re­rei waren nötig, um aus dem ver­ros­te­ten „Schwar­zen Pit­ter“ wie­der einen vor­zeig­ba­ren Oldie zu machen. 1924 bei der AEG gebaut, gelangte die Lok für 20.334,52 Reichs­mark zu den Kreis Mett­man­ner Stra­ßen­bah­nen und erhielt die Betriebs­num­mer 100. Man nannte sie wegen des dunk­len Anstrichs „Schwar­zer Pitter“.

Geschichte unter vie­len Lack­schich­ten
Seit 1937 gehört die Lok zur Rhein­bahn, die den Betrieb der Kreis Mett­man­ner Stra­ßen­bah­nen über­nahm und ihr Netz bis 1952 betrieb. Mit der Ein­stel­lung der letz­ten Mett­man­ner Linie kam die Lok per Tief­la­der ins Düs­sel­dor­fer Netz. Bei der Rhein­bahn war sie bis in die 1970er-Jahre als Ran­gier­fahr­zeug im Dienst – ent­spre­chend war der „Schwarze Pit­ter“ in die­ser Zeit orange, wie alle Arbeits­wa­gen damals. 1991 restau­rierte die Rhein­bahn das inter­es­sante Fahr­zeug und stellte es als tech­ni­sches Denk­mal im Betriebs­hof Lie­ren­feld auf. Auch eine Restau­rie­rung im Jahr 2001 konnte die Zer­stö­rung durch Wind und Wet­ter nicht auf­hal­ten. 2019 kam die Loko­mo­tive dann, wet­ter­ge­schützt unter­ge­stellt, in den his­to­ri­schen Betriebs­hof Am Steinberg.

Demon­tie­ren, sand­strah­len, ent­ros­ten, spach­teln und schlei­fen
Schicht um Schicht haben die Fahr­zeug-Lackie­re­rin Marina Pacio­rek, die Aus­zu­bil­den­den Julia Keu­lig und Chiara Sieburg und wei­tere Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen die alte Loko­mo­tive von ihrem Pan­zer aus Rost und Farbe befreit. Davor war aber noch viel harte Arbeit nötig: „Die Kol­le­gen aus der Blech­schlos­se­rei haben uns beim Demon­tie­ren gehol­fen. Das sind alles schwere Teil, mas­siv und aus Stahl und des­halb sehr lang­le­big. Dann ging es ans Ent­ros­ten. Wir konn­ten nur wenige Teile sand­strah­len, weil die Lok nicht in die Kabine passte. Also haben wir sie mit einer Nagel­pis­tole bear­bei­tet, jedes Teil ein­zeln.“ Dabei kamen ihnen die alten Farb­schich­ten, von Dun­kel­grün bis Orange, schon ent­ge­gen: „Die Bahn wurde zuletzt vor 20 Jah­ren lackiert, damals kom­plett in Dun­kel­grün. Wir haben uns an einem alten Farb­foto ori­en­tiert und den Ori­gi­nal­zu­stand ganz genau wie­der­her­ge­stellt, mit rotem Rah­men und rot-wei­ßen Warn­strei­fen an den Seiten.“

Pünkt­lich zur Eröff­nung fer­tig
Die Schrei­ner stell­ten schließ­lich noch einen Auf­bau für den Strom-Abneh­mer auf dem Dach her, dann ging es an den Innen­raum. „Es war mein ers­tes eigen­ver­ant­wort­li­ches Pro­jekt“, berich­tet Marina Pacio­rek, die seit 14 Jah­ren in der Lackie­re­rei arbei­tet und die Restau­rie­rung mit Fotos und Videos doku­men­tiert hat. „Am 18. Dezem­ber 2020 haben wir ange­fan­gen. Man sieht erst, wenn der Rost her­un­ter ist, was alles zu tun ist. Man muss zwi­schen­durch umden­ken und neu pla­nen – und es gab auch Unter­bre­chun­gen, wir konn­ten nicht durch­gän­gig an der Lok arbei­ten.“ Aber schließ­lich war das letzte Fens­ter wie­der ein­ge­baut, die Beschrif­tung im ursprüng­li­chen Stil wie­der ange­bracht – und pünkt­lich zur Eröff­nung ist die Lok im his­to­ri­schen Betriebs­hof Am Stein­berg als Teil der gro­ßen Jubi­lä­ums­aus­stel­lung fer­tig geworden.

Güter­ver­kehr und Koh­le­trans­port bei der Rhein­bahn
Das sel­tene Fahr­zeug ist nicht nur einer der letz­ten Zeu­gen der Kreis Mett­man­ner Stra­ßen­bahn, son­dern reprä­sen­tiert auch die Geschichte des Güter­ver­kehrs bei der Rhein­bahn, die kaum jemand kennt. Sowohl im Stra­ßen­bahn­netz als auch auf der nicht elek­tri­fi­zier­ten rechts­rhei­ni­schen Indus­trie­bahn trans­por­tierte die Rhein­bahn ab 1989 Güter von der Indus­trie und den land­wirt­schaft­li­chen Betrie­ben nach Düs­sel­dorf zu den Eisen­bahn-Anschlüs­sen und den Rhein­hä­fen. Mit einer sol­chen zwei­ach­si­gen Loko­mo­tive und ähn­li­chen Geschwis­tern brachte die Rhein­bahn zudem wäh­rend des Ers­ten und des Zwei­ten Welt­kriegs Kohle von den Zechen nörd­lich von Moers und Kamp-Lint­fort über meh­rere Stra­ßen­bahn­netze bis nach Düsseldorf.

Glanz­stück der Aus­stel­lung „125 Jahre Rhein­bahn – Ein­fach. Immer. Da.“

Zu sehen ist das Schmuck­stück im Rah­men der Aus­stel­lung „125 Jahre Rhein­bahn – Ein­fach. Immer. Da.“ im Betriebs­hof Am Stein­berg, die noch bis Mitte Novem­ber jeden Sams­tag und Sonn­tag von 13 bis 18 Uhr geöff­net hat. Wei­tere Ter­mine sind ab Früh­jahr 2022 vor­ge­se­hen. Infor­ma­tio­nen zu den Öff­nungs­zei­ten gibt es immer aktu­ell unter www.rheinbahn.de/ausstellung. Der Ein­tritt ist frei, die Besu­cher kom­men am bes­ten mit der Rhein­bahn zur Aus­stel­lung: Die Linien 701, 706 und 827 hal­ten an der Hal­te­stelle „Am Stein­berg“ direkt vor den Toren des Betriebs­hofs, die Bus­li­nien 835 und 836 alter­na­tiv an der Hal­te­stelle „Mero­win­ger­straße“. Es gel­ten die 3G-Regel sowie die aktu­el­len Hygiene- und Abstands­re­geln (siehe www.duesseldorf.de/corona).

„Lebens­lauf“ der Elek­tri­schen Lokomotive

  • 1924: Gebaut beim Her­stel­ler AEG
  • 1925: Ankauf durch die Kreis Mett­man­ner Stra­ßen­bah­nen, Ein­satz in Bau­zü­gen und im Winterdienst
  • 1937: Über­nahme des Betriebs der Kreis Mett­man­ner Stra­ßen­bah­nen durch die Rhei­ni­sche Bahngesellschaft
  • 1952: Trans­port ins Düs­sel­dor­fer Stra­ßen­bahn­netz, Ein­satz im Betriebs­hof Heerdt, Rangierdienst
  • 1970: Neue Betriebs­num­mer 5100, Nach­rüs­tung mit Zug- und Stoß­ein­rich­tun­gen für Eisenbahnen
  • 1991: Auf­stel­lung als tech­ni­sche Denk­mal im neuen Betriebs­hof Lierenfeld
  • 2001: äußer­li­che Restaurierung
  • 2019: gesi­cherte Unter­stel­lung im his­to­ri­schen Betriebs­hof Am Steinberg
  • 2021: äußer­li­che Restaurierung

Tech­ni­sche Daten:

Bau­reihe: 5100

Her­stel­ler: AEG

Bau­jahr: 1924

Leis­tung: 2 x 50 kW

Länge: 5,20 Meter bzw. 5,60 Meter mit Anbau­tei­len für Schneeräumer

Breite: 2,20 Meter