Forschungsprojekt “Automatisiertes Fahren im digitalen Testfeld Düsseldorf KoMoDnext” steht kurz vor erfolgreichem Abschluss
Eine erfolgreiche Bilanz haben die Projektpartner am Dienstag, 22. März, zum Forschungsprojekt “Automatisiertes Fahren im digitalen Testfeld Düsseldorf — KoMoDnext” gezogen, das Ende März ausläuft. In dessen Mittelpunkt stand seit Januar 2020 die Frage “Welche Technik und wie viele Daten braucht ein Fahrzeug, um automatisiert und sicher im realen Verkehr zu fahren?”. Die Ergebnisse der Forschungs- und Entwicklungsarbeit können sich sehen lassen. Das Projekt, an dem 18 Partner beteiligt waren, wurde vom Amt für Verkehrsmanagement der Landeshauptstadt Düsseldorf koordiniert. Oberbürgermeister Dr. Stephan Kellner begrüßte beim Abschlusspressetermin als Projektpartner Ina Brandes, Ministerin für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, den Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul, sowie Professor Gerd Riegelhuth, Die Autobahn GmbH.
Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller: “Es war uns sehr wichtig als Stadt mit starken Partnern aus der Telekommunikation, der Automobilindustrie und ihren Zulieferern, der Verkehrstechnik sowie der Wissenschaft an modernen Lösungen für das Verkehrsmanagement der Zukunft zusammenzuarbeiten. Vernetztes und automatisiertes Fahren kann gerade in Großstädten wie Düsseldorf dazu beitragen, den Verkehrsfluss zu verbessern, Emissionen zu senken und die Verkehrssicherheit zu erhöhen”, betonte Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller.
Verkehrsministerin Ina Brandes: “Nordrhein-Westfalen ist eine Modellregion der Mobilität 4.0. Das zeigen wir mit automatisiert fahrenden Linienbussen, eTarif für Bus und Bahn oder digital vernetzten On-Demand-Shuttles, die in Stadt und Land unterwegs sind. In diese Reihe der Erfolgsgeschichten gehört auch KoMoDnext: Das Forschungsprojekt hat auf beeindruckende Weise deutlich gemacht, wie dank Digitalisierung und Vernetzung Fahrzeuge, Straßen und Ampeln miteinander sprechen können, um den Straßenverkehr insgesamt sicherer und effizienter zu machen. Besserer Verkehrsfluss bedeutet auch saubere Luft — KoMoDnext zeigt, wie mit vernetzter Mobilität die Lebensqualität und der Klimaschutz in unseren Städten und Gemeinden erhöht werden können.”
Innenminister Herbert Reul: “Für die Polizei ist dieses Projekt schon deshalb ein Erfolg, weil wir uns als starker, zuverlässiger Technologie-Partner beweisen konnten. Unser Ziel bleibt es, die Polizei von Anfang an beim automatisierten und vernetzten Fahren mitzudenken. Wir haben viel Herzblut investiert und zeigen heute, was morgen Wirklichkeit sein könnte: die grüne Welle auf Knopfdruck für Einsatzfahrzeuge. Geht das Blaulicht an, haben Streifen- und Rettungswagen freie Fahrt und die Ampeln für den Querverkehr springen auf Rot. Das ist ein großes Plus an Sicherheit und entscheidet im Ernstfall über Leben und Tod. Auf dieses Ergebnis können alle, die das möglich gemacht haben, enorm stolz sein.”
Prof. Gerd Riegelhuth, Die Autobahn GmbH: “Das Forschungsprojekt KoMoDnext liefert wichtige Erkenntnisse und Bausteine für die kooperative, vernetzte und automatisierte Mobilität der Zukunft. Die Kommunikation zwischen Verkehrsinfrastruktur und Fahrzeugen leistet einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit auf Autobahnen vor allem im Zulauf von Baustellen und Stauenden.” Bereits im ersten, ebenfalls vom Bundesverkehrsministerium geförderten Projekt KoMoD wurde das Testfeld eingerichtet und 2018 eröffnet. Die Strecke für die Testfahrten ist rund 20 Kilometer lang und repräsentiert einen typischen Ballungsraum. Sie erstreckt sich vom Autobahnkreuz Meerbusch (A 57/A44) über die A 57, das Autobahnkreuz Kaarst und die A 52. Sie führt auf Düsseldorfer Stadtgebiet weiter über die Bundesstraße 7, durch den Rheinalleetunnel, die Rheinkniebrücke bis zu den innerstädtischen Hauptverkehrsstraßen an der Stadtteilgrenze Unterbilk/Friedrichstadt.
Im Folgeprojekt KoMoDnext diente ab Januar 2020 die zuvor aufgebaute und in KoMoDnext weiter ausgebaute Vernetzung zwischen Versuchsfahrzeugen und Verkehrsinfrastruktur als Vorbereitung, die Strecke nun mit automatisierten Level-4-Fahrzeugen zu befahren. Die Forschungsfahrzeuge mischten sich in den laufenden Verkehr, erhielten aber im Gegensatz zu den anderen Verkehrsteilnehmern Informationen zur Verkehrslage, von Schildern und Ampeln digital. Dabei empfingen die Fahrzeuge nicht nur jede Menge Daten in Echtzeit, sondern dienten auch als mobile Sensoren. Sie erkannten Störungen im Testfeld und gaben diese an die Infrastruktur und andere Forschungsfahrzeuge weiter. Die Testfahrer konnten automatisiert fahren, mussten aber jederzeit selber eingreifen und Lenkrad sowie Gas- und Bremspedal wieder übernehmen können.
Unterschiedliche Szenarien im digitalen Testfeld erprobt
Ziel der unterschiedlichen Anwendungsfälle (Use Cases) im digitalen Testfeld Düsseldorf ist die Praxistauglichkeit von automatisierten Fahrfunktionen weiter zu fördern und neue Steuerungsverfahren für Streckenbeeinflussungsanlagen auf der Autobahn und an Ampeln zu entwickeln. Die Sicherung der Kommunikation zwischen Fahrzeug und Infrastruktur steht dabei immer im Fokus.
Dazu wurde das Testfeld an der Autobahnstrecke — wie bereits zuvor der Rheinalleetunnel und einige Ampeln im Stadtgebiet — mit Road Side Units (RSU) ausgestattet. Diese Funkmodule wurden eingesetzt, um die Daten den Fahrzeugen zu übermitteln: so zum Beispiel Infos über eine Ampelphase — zeigt sie rot oder grün und wie lange noch -, gibt es einen Stau auf der Strecke oder einen Unfall im Tunnel. Auch die Testfahrzeuge lieferten Daten ihrer Position oder Geschwindigkeit an die RSU. “Die Daten der kooperativen Fahrzeuge können wir mit den stationären Daten vorhandener Induktionsschleifen zusammenführen. Wir bekommen ein verbessertes Lagebild, können die Infos an alle wieder herausgeben und zielgenauer den Verkehr steuern”, erläuterte Heiko Böhme, Gesamtprojektkoordinator vom Amt für Verkehrsmanagement der Landeshauptstadt Düsseldorf. Tunnel und Rheinkniebrücke wurden im Rahmen des Testfeldes für automatisiertes Fahren als sicherheitskritischer Streckenabschnitt bewertet. Deshalb wurden dort zahlreiche Szenarien simuliert, so ein liegengebliebenes Fahrzeug, das den Tunnel in den Betriebszustand “Warnung” wechselt, verbunden mit einer Reduzierung der Geschwindigkeit. Über eine Wetterstation auf der Brücke erhielten die Versuchsfahrzeuge Infos zu Windstärke und Witterung, um das Fahrverhalten anzupassen.
Um die Kommunikation zwischen Fahrzeugen und Infrastruktur abzusichern, wurden redundante Kommunikationskanäle aufgebaut. So erfolgte die Kommunikation zusätzlich zu den Road Side Units auch über Mobilfunk. Dies hat den grundsätzlichen Vorteil, dass keine Infrastrukturerweiterungen erforderlich sind.
Automatisiertes Fahren in der Innenstadt
An einer vielbefahrenen Kreuzung links abzubiegen und dabei auf den Gegenverkehr und auf Fußgänger zu achten — auch diese komplexe Abfolge wird mit den automatisierten Fahrzeugen getestet. Dies ebenfalls im realen Verkehr auf der Herzogstraße, von der aus die Testfahrzeuge links in die Elisabethstraße abbiegen mussten. Erschwerend hinzu kam, dass das Versuchsfahrzeug gleich nach dem Einbiegen durch die Sperrung eines Fahrstreifens einen automatisierten Spurwechsel ausführen musste. An dieser komplexen Kreuzung wurde von städtischer Seite die Infrastruktur ergänzt. Ein Radardetektor überwacht den von der Rheinkniebrücke kommenden Verkehr und eine Videokamera die zu querende Fußgängerfurt. Die Daten werden in einer so genannten Local Dynamic Map aufbereitet und dem automatisiert fahrenden Fahrzeug übermittelt. Im Fahrzeug erfolgt die Fusion mit den Daten der Eigensensorik. Dabei zeigen sich die aktuellen Grenzen des automatisierten Fahrens, denn nicht jede Kreuzung kann in Zukunft mit Kameras und Radaranlagen ausgestattet werden. Ein weiterer Rundkurs in der Düsseldorfer Innenstadt zwischen Grabbeplatz und Benrather Straße zeigte, dass automatisiertes Fahren durch die Kommunikation mit den Ampeln dort gut möglich ist, wo es keine komplizierten Punkte gibt. So haben Linksabbieger auf diesem Rundkurs keinen Gegenverkehr.
Auch Polizei und Rheinbahn nutzen Teststrecke
An der Düsseldorfer Straße, Rheinkniebrücke und der Kreuzung Elisabethstraße/Herzogstraße wurde eine Einsatzroute für Polizeifahrzeuge freigeschaltet. So wurde in dem Projekt erforscht, wie die Verkehrsinfrastruktur für die Polizei beeinflusst werden kann, um Einsätze sowohl für die Polizei als auch für alle anderen Verkehrsteilnehmer sicherer zu gestalten. Eine Perspektive: In einigen Jahren könnte es möglich sein, für einen Polizeieinsatz die Ampeln auf Grün zu schalten. Auch die mit hybriden On-board-Units ausgestatteten Busse der Rheinbahn kommunizierten direkt mit der Ampel oder über die Verkehrszentrale und setzten somit die Priorisierung an der Ampel über zwei Kommunikationswege um. An der Düsseldorfer Jugendherberge wurde dieses Beschleunigungsverfahren mit dem Ziel, dass der Bus an der Signalanlage Grün anfordern kann, exemplarisch umgesetzt.
App “Traffic-Pilot” für Radverkehr weiterentwickeln
Bereits im ersten Projekt KoMoD wurde die App “Traffic Pilot” entwickelt. Sie wird von rund 70 Prozent der rund 650 Ampeln in der Landeshauptstadt unterstützt. Autofahrern und Radfahrern kann so angezeigt werden, wie sie möglichst per “Grüner Welle” durch die Stadt fahren. Im Rahmen von KoMoDnext wurde an einer weiteren Funktion für die App gearbeitet. “Ein Ziel besteht unter anderem darin, Radfahrende bei einer Zufahrt auf die Lichtsignalanlagen direkt anzumelden. Durch die frühzeitige Anmeldung kann die Kreuzung dann ohne Halt passiert werden”, erläuterte Mobilitätsdezernent Jochen Kral. Dies könnte nun an ausgewählten Kreuzungen getestet werden.
Im Rahmen der Abschlusspräsentation nutzten die Teilnehmenden und die Medienvertreter das Angebot, an Testfahrten in den Forschungsfahrzeugen teilzunehmen. Zudem konnten sie sich an Infoständen der Projektpartner über die Forschungsergebnisse informieren. In der Anlage finden sich detaillierte Informationen zu den Testfahrten (Show Cases) sowie zu den Arbeiten der Projektbeteiligten. Die projektbeteiligten Behörden, Institutionen und Unternehmen werden das Forschungsprojekt KoMoDnext am Mittwoch, 23. März, im Areal Böhler dem Fachpublikum präsentieren.
KoMoDnext: Kosten und Partner
Das Projekt KoMoDnext — Automatisiertes Fahren im digitalen Testfeld Düsseldorf mit der Laufzeit 1. Januar 2020 bis 31. März 2022 umfasst ein Projektvolumen in Höhe von 9,80 Millionen Euro. Es wird durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr mit 6,86 Millionen Euro gefördert. Es baut auf das 2019 abgeschlossene Vorgängerprojekt “Kooperative Mobilität im digitalen Testfeld Düsseldorf” (KoMoD) auf. Projektpartner und assoziierte Partner sind unter Federführung des Amtes für Verkehrsmanagement der Landeshauptstadt Düsseldorf beteilig gewesen.