„Poznań grüßt Düsseldorf“ steht im Zielschild einer grün-gelb lackierten Straßenbahn, die im historischen Betriebshof Am Steinberg vielen Besucherinnen und Besuchern auffällt. Die gut erhaltene, 58 Jahre alte Bahn, die sich schon durch die Farbgebung von den anderen Fahrzeugen abhebt, hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich:
Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs machten sich in den 1990er-Jahren viele Verkehrsbetriebe aus Osteuropa auf die Suche nach Ersatz für ihre in die Jahre gekommenen Straßenbahn-Flotten. Da zur damaligen Zeit die finanziellen Mittel für den Kauf von Neufahrzeugen fehlten, übernahmen viele Betriebe günstig gebrauchte, aber qualitativ hochwertige Bahnen aus Westeuropa. Die Rheinbahn hat zwischen 1994 und 2011 stolze 118 Straßenbahnen nach Polen verkauft. Der Verkehrsbetrieb der Stadt Posen, die MPK Poznań, erwarb 58 dieser robusten Wagen. Die Bahnen waren in Posen sehr beliebt und bekamen in Anspielung auf den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl dort schnell den Spitznamen „Helmut“.
Feierlicher Abschied
Lange Jahre leisteten die Bahnen aus Düsseldorf noch ihren Dienst auf den Schienen der Stadt Posen. Erst ab 2011, als die MPK zahlreiche Neuwagen kaufte, wurden sie sukzessive ersetzt. Im November 2019 war nach 22 Jahren Schluss für die betagten Fahrzeuge. Sie wurden aber nicht sang- und klanglos abgestellt, sondern mit einer feierlichen Verabschiedung, bei der auch Rheinbahner anwesend waren, in den Ruhestand geschickt. So entstand die Idee, eines der Fahrzeuge nach Düsseldorf zurückzuholen und im frischen, gelb-grünen Design der MPK Poznań zu belassen. Der Wagen sollte die Düsseldorfer Sammlung historischer Straßenbahnwagen ergänzen und beispielhaft die zahlreichen Verkäufe von ausgemusterten Bahnen ins Ausland dokumentieren.
Engagierte Spendenaktion
Damit der Rheinbahn für den Kauf und Rücktransport keine Kosten entstanden, starteten die beiden Rheinbahn-Fahrer Gerhard Martin Grittner und Dirk Pohl sowie die Düsseldorferin Pia Pilz eine engagierte Aktion: Sie sammelten innerhalb von nur vier Monaten sehr erfolgreich 13.500 Euro an Spenden aus dem In- und Ausland, kauften die Bahn, sorgten für die Rückholung und schenkten sie der Rheinbahn. Unterstützt hat sie dabei sowohl Krzysztof Dostatni, Vorstandsvorsitzender der MPK Poznań, als auch Klaus Klar, Vorstandsvorsitzender und Arbeitsdirektor der Rheinbahn. Ausgewählt haben die Beteiligten den ehemaligen Rheinbahn-Wagen 2968, der in Posen die Nummer 697 trug. Diese Bahn erblickte 1964 im Duewag-Werk an der Königsberger Straße das Licht der Welt und war zunächst für die Stadtwerke Neuss auf Achse. Als die Stadt Neuss den eigenen Straßenbahnbetrieb 1971 stilllegte, übernahm die Rheinbahn das erst sieben Jahre alte Fahrzeug. 1974 bekam die Bahn eine Verlängerung um acht Meter, indem ein Segment in der Mitte eingefügt wurde. 2010 erfolgte nach einer Einsatzzeit von 46 Jahren, davon 39 Jahre in Düsseldorf, der Verkauf in die polnische Stadt.
Rüstiger Bahn-Oldie
Inzwischen blickt „Helmut“ auf bemerkenswerte 54 Einsatzjahre zurück und erweckt nicht den Eindruck, als wolle er sich schon in den Ruhe-stand verabschieden. Den Weg zurück nach Düsseldorf fand er im September 2020. Die Bahn reiht sich fortan in den historischen Fuhrpark der Rheinbahn ein und stellt schon optisch in seinem gelb-grünen Kleid einen starken Kontrast zu den gelben und rot-weißen Schätzchen dar. Zunächst wird er Teil der Ausstellung im historischen Betriebshof Am Steinberg. Denkbar ist ein zukünftiger Einsatz als Partybahn oder als Oldiebahn für Rundfahrten mit polnischen Spezialitäten.