Eine Auf­nahme aus dem Jahr 1960: Erho­lungs­su­chende im Strand­bad am Unter­ba­cher See,©Landeshauptstadt Düsseldorf/Stadtarchiv

 

85 Jahre Natur­schutz im Eller Forst und den Unter­ba­cher Ben­den ist ein gro­ßer Erfolg/Trotz ver­än­der­ter Natur­land­schaft fühlt sich die Natur wohl im Düs­sel­dor­fer Osten

Am 6. April 1935 hat die sei­ner­zeit so genannte Regie­rung zu Düs­sel­dorf eine im dama­li­gen Land­kreis Düs­sel­dorf-Mett­mann und Stadt­kreis Düs­sel­dorf gele­gene Flä­che zum Natur­schutz­ge­biet (NSG) erklärt: Die “Vogel­frei­stätte Eller­forst-Unter­ba­cher Ben­den”. Auf Grund­lage des im Jahr 1926 erlas­se­nen Feld- und Forst­po­li­zei­ge­set­zes gilt das Natur­schutz­ge­biet damit als das erste offi­zi­elle Schutz­ge­biet im heu­ti­gen Düs­sel­dor­fer Stadtgebiet.

Der Name des Natur­schutz­ge­bie­tes (NSG) geht auf zwei völ­lig unter­schied­li­che Natur­land­schaf­ten zurück: den Wald und die Feuchtwiesen.

Das Gebiet des heu­ti­gen Eller Fors­tes ist das Relikt eines his­to­risch wesent­lich aus­ge­dehn­te­ren Feucht­ge­bie­tes, des soge­nann­ten “Unter­ba­cher Bru­ches”. Die Tro­cken­le­gung die­ses Gebie­tes begann in grö­ße­rem Umfang ab etwa 1820. Doch noch bis Anfang des 20. Jahr­hun­derts wur­den Schilf und Röh­richt der Feucht­wie­sen zur Ein­streu in den Vieh­stäl­len und die Nie­der­moor­flä­chen zur Torf­ge­win­nung genutzt. Um das Gebiet “urbar” und damit land- und forst­wirt­schaft­lich nutz­bar zu machen, wur­den damals zahl­rei­che Ent­wäs­se­rungs­grä­ben angelegt.

Die forst­li­che Nut­zung bis Anfang des 20. Jahr­hun­derts erfolgte nur in gerin­gem Umfang und erstreckte sich allen­falls auf die Gewin­nung von Brenn­holz und — in gerin­gem Maß — auf das Gewin­nen von Bau­holz durch die umlie­gen­den land­wirt­schaft­li­chen Gehöfte.

Die “Unter­ba­cher Ben­den” waren im Jahr 1935 noch eine groß­flä­chige Land­schaft sump­fi­ger Wie­sen, also ein Nie­der­moor, das über­wie­gend als Grün­land genutzt wurde. Im Jahr 1923 wurde in einem ehe­ma­li­gen Rhein­arm der “Unter­ba­cher Ben­den” mit der Gewin­nung von Kies begon­nen. Bereits 1935 war ein gro­ßes Bag­ger­loch ent­stan­den. Die­ser See wurde im Volks­mund “Bendensee” genannt. Die­ser Name wird heute immer noch vom ansäs­si­gen Angel­ver­ein genutzt.

Das Gebiet war im Nor­den durch die Sied­lung “Frei­heit”, im Wes­ten durch die Bahn­li­nie Düs­sel­dorf-Hil­den, im Süden durch den Esels­bach und im Osten durch den Sied­lungs­rand des Dor­fes Unter­bach begrenzt.
In der Erklä­rung aus dem Jahr 1935 wird das Gebiet “zum Zwe­cke der Siche­rung als Brut‑, Fut­ter- und Rast­stät­ten der Vögel zum Schutz­ge­biet erklärt”. Auch heute noch ist der Eller Forst ein wich­ti­ger Lebens­raum für über 40 Brut­vo­gel­ar­ten, wie bei­spiels­weise Mit­tel­specht, Sumpf­meise, Zaun­kö­nig und Habicht. Mit dem zwi­schen 1926 und 1973 ent­stan­de­nen Unter­ba­cher See ist ein Bio­top­kom­plex von über­re­gio­na­ler Bedeu­tung für Was­ser­vö­gel geschaf­fen wor­den. Vor allem im Win­ter, wenn die Frei­zeit­nut­zung des Sees nach­lässt, kön­nen viele euro­päi­sche Vogel­ar­ten beob­ach­tet wer­den, die den See als Über­win­te­rungs­stätte oder als Win­ter­gäste im Vogel­zug besu­chen. Dies sind zum Beispiel
Schel­lente, Schnat­ter­ente, Pfeif­ente, Zwerg­sä­ger und Sil­ber­rei­her. Dage­gen sind ehe­mals in den Feucht­wie­sen vor­kom­mende Arten, wie die Bekas­sine heute nicht mehr zu fin­den, weil an die­ser Stelle heute der See liegt.

Auch für Insek­ten hat das Gebiet eine sehr hohe Bedeu­tung. Neben der Sumpf­schre­cke und dem Sumpf­gras­hüp­fer, die in Düs­sel­dorf fast nur in die­sem Gebiet anzu­tref­fen sind, fin­den sich sel­tene Schmet­ter­lings­ar­ten wie der Ulmen­zip­fel­fal­ter oder Bütt­ners Schrägflügeleule.

Viele die­ser Arten kom­men nur hier vor, da immer noch eine grö­ßere Flä­che des Nie­der­moo­res erhal­ten ist. Den Moo­ren kommt in Zei­ten des Kli­ma­wan­dels eine hohe Bedeu­tung zu, da intakte Moore Koh­len­stoff dau­er­haft bin­den und im Moor­kör­per festlegen.

Mit dem Ankauf des Eller Fors­tes durch die Stadt Düs­sel­dorf im Jahr 1968 begann die Abkehr von der inten­si­ven forst­li­chen Nut­zung zu einer öko­lo­gisch ori­en­tier­ten Bewirt­schaf­tung unter Beach­tung der Bedeu­tung des Eller Fors­tes als wich­ti­ges Nah­erho­lungs­ge­biet für die Düs­sel­dor­fer Bürger.

Ziel aller rein wald­bau­li­chen Maß­nah­men war die För­de­rung eines natur­na­hen Laub­wal­des, ange­passt an die klein­räu­mig unter­schied­li­chen Stand­ort­ver­hält­nisse. Seit dem Jahr 2000 ist der Düs­sel­dor­fer Stadt­wald nach den Kri­te­rien des Forest Ste­ward­ship Coun­cil (FSC) zer­ti­fi­ziert. 77,2 Hektar
des NSG Eller Forst wer­den seit dem als Refe­renz­flä­che aus­ge­wie­sen und wer­den nicht mehr bewirt­schaf­tet. Ziel ist es, die Wald­flä­che ihrer natür­li­chen Ent­wick­lung zu über­las­sen, den Ent­wick­lungs­pro­zess zu beob­ach­ten und zu spä­te­rer Zeit Ver­glei­che mit kon­ven­tio­nell bewirt­schaf­te­ten Wäl­dern her­zu­stel­len. Schon jetzt, 20 Jahre spä­ter zei­gen sich im NSG Eller Forst “urwald­ähn­li­che” Wald­bil­der, und erste Rück­schlüsse auf das Ver­jün­gungs­po­ten­tial der Wald­bäume kön­nen her­ge­stellt werden.

All diese Maß­nah­men sind ein gro­ßer Erfolg einer öko­lo­gisch ori­en­tier­ten Wald­be­wirt­schaf­tung und von 85 Jah­ren Natur­schutz im Eller Forst und den Unter­ba­cher Ben­den. Trotz ver­än­der­ter Natur­land­schaft fühlt sich die Natur wohl im Düs­sel­dor­fer Osten.

Dass dies so ist, ist auch ein Ver­dienst des Land­schafts­pla­nes der Lan­des­haupt­stadt Düs­sel­dorf. Der Land­schafts­plan, als rechts­ver­bind­li­che Orts­sat­zung, wurde in den 1980er-Jah­ren ent­wi­ckelt und ist 1997 durch den Rat der Stadt ver­ab­schie­det wor­den. Das Ziel des Land­schafts­pla­nes ist der Schutz, die Pflege und die Ent­wick­lung von Natur und Land­schaft. Durch die Aus­wei­sung von Natur- und Land­schafts­schutz­ge­bie­ten, Natur­denk­ma­len und geschütz­ten Land­schafts­be­stand­tei­len in der freien Land­schaft sorgt er für einen grund­le­gen­den Schutz der natür­li­chen Lebensgrundlage.

Die Bemü­hun­gen, die Natur zu schüt­zen, sind enorm wich­tig. Dabei sind alle zur Mit­hilfe auf­ge­ru­fen. In Natur­schutz­ge­bie­ten gel­ten z.B. fol­gende Regeln:

- Blei­ben Sie auf den Wegen.
— Lei­nen Sie ihren Hund an.
— Neh­men Sie ihren Abfall wie­der mit.
— Pflü­cken oder beschä­di­gen Sie keine Pflanzen.
— Lagern und Zel­ten verboten.
— Machen Sie kein offe­nes Feuer.
— Ver­mei­den Sie Lärm.

Durch die Kli­ma­ver­än­de­rung und den wach­sen­den Erho­lungs­druck ver­än­dern sich stän­dig die Anfor­de­run­gen an Natur und Land­schaft. Vor die­sem Hin­ter­grund wird der Land­schafts­plan zur­zeit über­ar­bei­tet. In einem ers­ten Schritt wird der Land­schafts­plan modern auf­be­rei­tet und den Bürgern
in digi­ta­ler Form im Geo­por­tal der Stadt Düs­sel­dorf bereit­ge­stellt. In einem zwei­ten Schritt wird der Land­schafts­plan in den kom­men­den Jah­ren inhalt­lich überarbeitet.

85 Jahre nach dem ers­ten Natur­schutz­ge­biet auf dem heu­ti­gen Düs­sel­dor­fer Stadt­ge­biet wird damit die Geschichte des Natur­schut­zes erneut wei­ter­ge­schrie­ben. Die Land­schaft, die Tiere und die Men­schen ent­wi­ckeln sich wei­ter. Der for­male Rah­men auch!

Begriffs­er­läu­te­rung “Ben­den”
Unter Ben­den ver­steht man eine sump­fige Wie­sen-Land­schaft, die durch das Grund­was­ser beein­flusst ist und zeit­weise unter Was­ser steht. Ben­den oder auch Feucht­wie­sen sind mit Grä­sern, Bin­sen und Seg­gen bewach­sen und sind oft his­to­ri­sche Flurbezeichnungen.