Gedanken einer Veranstalterin
Düsseldorf, im November 2020…Richtig, laut Gewerbeordnung zählen Flohmärkte, die sonntags stattfinden, zu den Jahrmärkten. Sind sie aber nicht. Jedenfalls nicht in unserem Fall, wir veranstalten den traditionsreichen Radschlägermarkt Düsseldorf, einen Markt mit Niveau und ohne Neuware.
Einmal im Monat, meist am 2. Sonntag, zieht der Radschlägermarkt bis zu 400 Händlerinnen und Händler und immer mehrere tausend Besucherinnen und Besucher auf das Gelände des Blumengroßmarkts nach Düsseldorf. Seit 1972 bis Ende 2018 von der Stadt Düsseldorf selber veranstaltet, seit Beginn 2019 in unserer Hand und Verantwortung. Ein charaktervoller und lebendiger Markt mit einem großen (internationalen) Einzugsgebiet.
Gut organisiert, mit viel Engagement und Aufwand, gerade in Coronazeiten.
Aber zurück zur Bedeutung eines solchen Marktes für die „Volksgesundheit“:
Angefangen von der Bedeutung des Marktes für die Händlerinnen/Händler als Quelle für Lebensunterhalt oder Zubrot bis hin zur Versorgung vieler unterschiedlicher Menschen mit vielen unterschiedlichen Bedarfen, die sonst nur schwer gedeckt werden können. Preiswerteste Wühlware aus Haushaltsauflösungen für diejenigen, die nicht viel Geld zur Verfügung haben, Kinderkleidung von Müttern für Mütter, Ersatz für nicht mehr lieferbare Porzellane, Notwendiges bis hin zu Grundstoffen für neue Geschäfte, kleine start-ups, kleine Label, z.B. Stoffe zur Weiterverarbeitung oder Vintage Kleidung, Möbel zum Upcyclen. Dazu viel Material für Sammlerinnen/Sammler wie Bücher, Schallplatten, Münzen, Schmuck, Antiquitäten, Design-Objekte und nicht zu vergessen, die Bedeutung des Flohmarktes als Kulturbewahrer und Müllvermeider.
Der Flohmarkt ist ein Mikrokosmos – hier findet die Welt noch einmal statt. Galerie-Inhaber, Weiterverkäufer kommen zum Teil von weither, decken sich mit Objekten ein, die aus anderen Zusammenhängen stammen, nicht mehr benötigt werden, übrig sind. An neuer, oft eleganterer Stelle finden diese Objekte ihre neue Bedeutung, dienen zum Erwerb des Lebensunterhaltes von wiederum weiteren Händlern: der Haushaltsauflöser verkauft, der Erwerber verkauft ggf. weiter, die Galerie übernimmt, platziert das Objekt neu, sucht Kunden oder Auktionshäuser, die Kette ist manchmal lang und oft interessant. Und alles nimmt auf unserem Flohmarkt seinen Anfang…
So viele Sammler/Sammlerinnen befriedigen ihre Sammelsucht, ihren Wunsch nach der Komplettierung, schon die Suche auf dem Markt kann glücklich machen. Schatzsucher/innen im besten Sinne. Das dann nicht alleine zu tun, sondern sich mit Gleichgesinnten austauschen zu können, das macht die wichtige soziale Komponente aus.
Das soziale Miteinander, das ein gewachsener und traditionsreicher Markt bietet und mit sich bringt, ist für mehr Menschen, als man so gemeinhin glaubt, ein Faktor, der überlebenswichtig ist.
Beim Frühjahrslockdown haben wir es schon einmal erfahren: vermehrt kamen Anrufe mit dem Wunsch „nur mal reden“… als Veranstalterin hat man tatsächlich nicht nur eine wirtschaftliche Verantwortung, sondern auch eine soziale Funktion, ganz abgesehen davon, dass einfach viele Menschen vom Markt abhängig sind, seien es die Caterer, das Personal, administrative Kräfte wie Techniker, Ordner, Hygienescouts und wie in vielen Bereichen eben genau die, die man beim reibungslosen Ablauf kaum bemerkt.
Vergesst uns nicht, Politikerinnen und Politiker, wir sind da, werden vermisst, weil wir wichtige Funktionen haben…wir arbeiten mit Sicherheits- und Hygienekonzept, Disziplin und Engagement, wenn man uns lässt. An alle: bleibt gesund!
Ute Mirbach mit der gesamten Crew der ute mirbach agentur, die sich um Radschlägermarkt Düsseldorf, den Ulmenmarkt und die design classic düsseldorf kümmert – wenn sie dann darf…
Text: Ute Mirbach