LWL-Wanderausstellung zur Herkunft von Objekten in nordrhein-westfälischen Sammlungen vom 9. Januar bis 6. März zu Gast im Stadtmuseum Düsseldorf
Das Stadtmuseum Düsseldorf, Berger Allee 2, präsentiert vom 9. Januar bis zum 6. März die Ausstellung “Geschichte der Dinge. Zur Herkunft von Objekten in nordrhein-westfälischen Sammlungen”. Thema der Wanderausstellung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) ist die Provenienzforschung, das Erforschen der Herkunft und der Geschichte von Objekten. Die Schau bietet den Besucherinnen und Besuchern Gelegenheit, die Provenienzforschung in all ihren Aspekten kennenzulernen. Zahlreiche nordrhein-westfälische Museen haben die Ausstellung mit Leihgaben unterstützt, so auch das Stadtmuseum Düsseldorf.
Zur Ausstellung
Der Fall Gurlitt, Bronzen aus dem ehemaligen Königreich Benin oder die Elgin Marbles von der Akropolis – diese Aufzählung macht die Spannbreite aktueller Provenienzforschung deutlich. Während bei vielen Ausstellungen zum Thema Provenienzforschung meist nur ein Sammlungsbereich, ein Sammler oder ein Museum im Fokus steht, widmet sich die LWL-Ausstellung erstmals in Deutschland dem gesamten Themenbereich: Insgesamt zehn Kapitel beschäftigen sich mit den unterschiedlichen Entzugskontexten wie zum Beispiel NS-verfolgungsbedingtem Entzug, Kolonialismus oder DDR-Unrecht, mit verschiedenen Objektgruppen wie Judaika, aber auch mit Akteuren und Strukturen. Die zentrale Frage lautet: Woher kommt das Objekt? Dabei kann die LWL-Ausstellung mit 50 Leihgaben nicht immer Antworten oder konkrete Lösungen präsentieren. Die Ausstellungsobjekte laden die Besucherinnen und Besucher dazu ein, sich selbst mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Anhand der Leihgaben aus Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus erzählt die Ausstellung Lebens- und Erwerbsgeschichten, die schwierige Kapitel der deutschen Geschichte berühren. Die Ausstellungsvorbereitung selbst ist ein Beispiel dafür, wie die aktive Auseinandersetzung positive Zeichen setzen kann: “Angestoßen durch eine Leihanfrage von uns konnte die Herkunft eines rituellen jüdischen Sedertellers im Hellweg-Museum in Unna recherchiert werden. Die kontaktierten rechtmäßigen Eigentümer bestimmten schnell, dass er als Dauerleihgabe im Museum verbleiben soll”, erzählt Ausstellungskuratorin Ute Christina Koch.
Nicht immer führen Recherchen jedoch so zuverlässig zu einem Ergebnis. Eine schwarze Münzkassette und die in ihr befindlichen Münzen, Medaillen und Plaketten werfen im Stadtmuseum Düsseldorf vielschichtige Fragen zur Provenienz auf. “Silbermünzen aus jüdischem Besitz” wurden 1939 als Zugang im Inventarbuch des Stadtmuseums Düsseldorf eingetragen. Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug ist höchst wahrscheinlich, doch weder lassen sich die Münzen des Konvoluts heute eindeutig identifizieren noch deren Vorbesitzer feststellen. “Die aus verschiedenen europäischen Staaten stammenden Münzen spielten für das Sammlungsprofil des Stadtmuseums in der Vergangenheit offensichtlich keine Rolle. Daher wurden sie bis in die 1990er-Jahre nur als Tauschobjekte genutzt”, fasst die stellvertretende Leiterin des Stadtmuseums, Sigrid Kleinbongartz, ihre Forschungen zusammen. Heutzutage wäre ein solcher Umgang undenkbar. “Es bleibt die Hoffnung, dass im Zuge weiterer kritischer Prüfungen mehr Licht in diesen ungewöhnlichen Fall gebracht werden kann.” Die Münzkassette wird im Rahmen der LWL-Ausstellung gezeigt.
Weitere Objekte der Ausstellung stehen stellvertretend für kritisch zu prüfende Provenienzen. So stammt aus dem Museum Wilnsdorf (Kreis Siegen Wittgenstein) der Gedenkkopf eines Oba, des politischen und rituellen Oberhauptes im Königreich Benin, mit einer allerdings unbedenklichen Herkunft. Dieser wurde vermutlich Mitte des 20. Jahrhunderts in Nigeria hergestellt.
“Mit dieser Ausstellung wollen wir die Besucherinnen und Besucher ermutigen, sich mit diesem Thema, ob im eigenen Lieblingsmuseum oder zu Hause, auseinanderzusetzen”, so Kuratorin Verena Burhenne. “Gerade abseits der ‘großen Kunst’ übersieht man schnell, dass auch hier ein verfolgungsbedingter Entzug möglich ist”, ergänzt Kuratorin Dr. Ute Christina Koch. “Uns war von Anfang an wichtig, möglichst die ganze Bandbreite darzustellen, also verschiedene Entzugskontexte oder auch Objektgruppen bis hin zu Alltagsgegenständen.”
In Ergänzung zur Ausstellung wird im Februar 2022 eine digitale Tagung des Landschaftsverbands Rheinland in Kooperation mit dem Stadtmuseum Düsseldorf zu aktuellen Themen der Provenienzforschung stattfinden. Informationen zur Veranstaltung sowie die Möglichkeit der Anmeldung gibt es in Kürze auf der Website der LVR-Museumsberatung.
Begleitende App
Zur Ausstellung ist eine App verfügbar, mit der sich auch außerhalb der Museen Näheres zu allen Themenbereichen und Kapiteln erfahren lässt. Die App stellt (fast) alle Objekte vor und ergänzt sie um begleitende Dokumente wie Fotos und Briefe. Diese liefern weitere Hintergundinformationen zu Herkunft, Vorbesitzern und den Wegen, die diese Exponate genommen haben. Des Weiteren stellt die App auch begleitende Handreichungen und Leitfäden zur Provenienzforschung zur Verfügung. Ein Katalog vertieft und erweitert die Themenbereiche und zeigt ausgewählte Ausstellungsobjekte. Die App ist für Android und iOS kompatibel und kann in den entsprechenden Stores kostenlos heruntergeladen werden. Der Katalog zur Ausstellung ist im Stadtmuseum zum Preis von 15,90 Euro erhältlich.
Ausstellungskonzeption
Die Wanderausstellung haben Ute Christina Koch und Verena Burhenne vom LWL-Museumsamt für Westfalen geplant und organisiert. Annika Flamm von der LVR-Museumsberatung hat die Inhalte des Medientisches zu den Bergungsorten in Nordrhein-Westfalen beigesteuert. Im Stadtmuseum Düsseldorf steht die stellvertretende Leiterin Sigrid Kleinbongartz als Ansprechpartnerin zur Verfügung.
Provenienzforschung im Stadtmuseum Düsseldorf
Die Provenienzforschung gehört zu den grundlegenden Museumsaufgaben, denen sich das Stadtmuseum Düsseldorf aktuell in unterschiedlichen Formaten annimmt. In Zusammenarbeit mit der Stabsstelle Provenienzforschung führt das Museum einen Erstcheck seiner Zugänge der Jahre 1933 bis 1945 durch. In der Sonderausstellung “Entrechtet und beraubt. Der Kunsthändler Max Stern” (noch bis zum 30. Januar zu sehen) nimmt die Darstellung der Ergebnisse der Provenienzforschung wie speziell des NS-verfolgungsbedingten Entzugs eine zentrale Stelle ein. Die Abteilung Bildung bietet einen Workshop zur Provenienzforschung an, der Schülerinnen und Schüler wie Erwachsene zur praktischen Arbeit einlädt.