Einbruch auf 40-Jahres-Tief, Zuwächse bei Kinderpornographie und Cybercrime
Zum sechsten Mal in Folge ist die Kriminalität in Nordrhein-Westfalen gesunken. Mit insgesamt 1.201.472 Delikten (minus 1,2 Prozent) sind die Fallzahlen so niedrig wie zuletzt 1985. „Im Vergleich zu 2016 haben wir mehr als eine viertel Million Straftaten weniger. Das Minus an Straftaten ist ein Plus an Sicherheit – wir sind aber noch lange nicht fertig“, sagte Innenminister Herbert Reul bei der Präsentation der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2021.
Mehrere Deliktsbereiche haben Tiefststände erreicht:
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Die Fallzahlen des Wohnungseinbruchdiebstahls sind weiter gesunken – um 25 Prozent im Vergleich zu 2020. Mit 18.576 Fällen ist das der niedrigste Wert seit mehr als 40 Jahren. Zum Vergleich: Noch 2015 hatte es 62.362 Einbrüche gegeben – demgegenüber bedeuten die Zahlen von 2021 einen Rückgang von mehr als 70 Prozent.
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Mit 308 Mord- und Totschlagsfällen ist ein 10-Jahres-Tief erreicht und im Vergleich zu 2020 ein Minus von 17,2 Prozent.
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2021 wurden 273.267 Fälle von Straßenkriminalität registriert, ein Minus von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Weniger Straßenkriminalität gab es seit 1990 nicht.
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In 2021 wurden 8.242 Fälle im Deliktsbereich Raub erfasst. Das ist die niedrigste Fallzahl seit 1988.
Innenminister Reul: „Nordrhein-Westfalen ist sicherer geworden und das ist für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land eine gute Nachricht und ein gutes Zeugnis unserer Polizeiarbeit. In manchen Bereichen hat uns auch Corona in die Karten gespielt, zum Teil ernten wir, was schon vor längerer Zeit angestoßen wurde.“
2021 hat die Polizei 53,6 Prozent aller Fälle aufgeklärt: Das ist ein leichtes Plus von 0,8 Prozentpunkten und eine der besten jemals gemessenenAufklärungsquoten in Nordrhein-Westfalen. „Seit 1980 lag die Aufklärungsquote unter 50 Prozent. Seit ein paar Jahren liegt sie über 50 Prozent. Die Richtung stimmt also. Ich mache aber kein Geheimnis draus, dass es uns nicht zufriedenstellen kann, wenn nur etwas mehr als jedes zweite Delikt aufgeklärt wird. Unser Ziel sind 60 Prozent.“
Erneut gab es in den Bereichen Kinderpornographie (plus 137,2 Prozent) und sexueller Missbrauch von Kindern (plus 23,2 Prozent) einen Anstieg. „Dieser Zuwachs ist ungeheuer erschreckend“, erklärte Reul. „Jedoch ist es nicht so, dass es mehr Pädophilie geben würde, vielmehr unternimmt die Polizei mehr. Jeder Fall, den wir aufdecken und aufklären – und wir klären 90 Prozent der Fälle im Bereich Kinderpornographie auf – führt uns zu weiteren Fällen.“ Vor diesem Hintergrund bezeichnete Reul die Zuwachszahlen als „Leistungsquote der Polizei“.
Bei den Straftaten zum Nachteil älterer Menschen gab es mit 2.119 Fällen knapp ein Fünftel weniger Fälle als 2020 (minus 19,2 Prozent). Trotz des Rückgangs ist der Schaden unverändert hoch: Rund 25 Millionen Euro konnten die Täter im vergangenen Jahr erbeuten – fast genauso viel wie 2020. Meistens gaben sich die Täter als falsche Amtsträger, etwa als falsche Polizisten aus. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich diese Zahl allerdings halbiert: von 608 auf 304 Fälle. Reul: „Für uns ist das ein Zeichen, dass die Menschen sensibler werden. Es scheint, dass die polizeilichen Präventionsmaßnahmen greifen und wir mit der Aufklärungsarbeit die älteren Menschen erreichen, sodass Schlimmes verhindert werden kann.“
Auch bei der Organisierten Kriminalität kann die Polizei für 2021 Erfolge vermelden. Aufgrund der entschlüsselten Encro-Chat-Kommunikation konnten in Nordrhein-Westfalen zahlreiche Verfahren angestoßen werden. Ausgewirkt hat sich das vor allem auf die Betäubungsmittel-Verfahren. 1.035 Ermittlungsverfahren konnten hier bislang insgesamt eingeleitet und 193 Haftbefehle vollstreckt werden. Infolgedessen beschlagnahmte die Polizei unter anderem 47,8 Kilogramm Kokain, rund 1,6 Tonnen Marihuana und 17.000 Marihuana-Pflanzen. 71 Vermögensarreste ergaben eine Gesamtsumme von 28.282.204 Euro, von denen 6.307.264 Euro sichergestellt wurden.
Zur Organisierten Kriminalität zählt auch die Clan-Kriminalität, die seit 2017 von der Landesregierung bekämpft wird. In den Bereichen Geldwäsche und illegales Glücksspiel gab es einen Zuwachs von 138 bzw. 295 Prozent. „Geldwäsche und Glücksspiel sind die klassischen Betätigungsfelder der Organisierten Kriminalität – sowohl von Clankriminellen als auch der Mafia“, erläuterte Reul. „Vor allem beim Glücksspiel sprechen wir von einem sogenannten Kontroll-Delikt; heißt: Je mehr wir kontrollieren, desto mehr erwischen wir. Deshalb ist der Anstieg ein Nachweis unserer hartnäckigen Arbeit.“
2021 wurden in Nordrhein-Westfalen 152 Geldautomaten aufgesprengt. Das waren 24 weniger als 2020, dafür wurden aber allein in diesem Jahr bereits 38 Automaten gesprengt. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das ein Plus von 533 Prozent. „Hier ist für uns und auch für die Banken Handlung und Eile geboten“, so Reul, der für den heutigen Montagnachmittag einen Bankengipfel im Innenministerium ankündigte.
Im Bereich Cybercrime gab es nochmals einen starken Anstieg. So ist die Computerkriminalität 2021 um 24 Prozent auf rund 30.115 Fälle gestiegen. „Die Kriminalitätsverschiebung in den digitalen Raum – verstärkt durch die Pandemie – wird auch nach der Pandemie nicht zu stoppen sein“, so Reul. Um dieses Phänomen zu bekämpfen, sind in den vergangenen Jahren mehr als 500 neue Stellen geschaffen worden – unter anderem, um Kinderpornographie zu verfolgen. Aber auch die 2021 geschaffene Online-Sachfahndung zur Ermittlung von online angebotenem Diebesgut wurde mit mehr als 100 Stellen ausgestattet.
Bei den Straftaten, die mit einem Messer begangen wurden, gab es im letzten Jahr 4.397 Fälle, ein Rückgang von 5,8 Prozent. 30 Menschen haben so ihr Leben verloren; sieben weniger als 2020. „Bei diesen Taten sind neun von zehn Tatverdächtigen Männer und mehr als jeder zweite männliche Tatverdächtige ist unter 30 Jahre alt. Messer-Straftaten sind also ein männliches, junges Problem und eines, bei dem die Tatverdächtigen überproportional nichtdeutsch sind – obschon knapp 60 Prozent der Täter einen deutschen Pass haben“, so Reul. Der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger bei Straftaten mit dem Tatmittel Messer liegt bei 42,6 Prozent, der Ausländeranteil an der nordrhein-westfälischen Bevölkerung bei 13,8 Prozent.