Diet­mar-Oels­ner Foto: Gabriele Schreckenberg

 

Gabriele Schre­cken­berg, die hier in Ich-Form schreibt, war 28 Jahre lang engste Mit­ar­bei­te­rin von Diet­mar Oels­ner beim Nord­bote, einer Stadt­teil­zei­tung, die sich gro­ßer Beliebt­heit erfreute.

Am 6. Juni ist Diet­mar Oels­ner, lang­jäh­ri­ger Her­aus­ge­ber des Nord­bote, im Alter von 68 Jah­ren gestor­ben. Am 27. Novem­ber hätte er sei­nen 69. Geburts­tag gefei­ert. Der Nord­bote ist eine Stadt­teil­zei­tung, die es seit mehr als 36 Jah­ren gab, anfangs als vier­sei­tige schwarz-weiß-Aus­gabe des Turn­ver­ein Anger­mund, spä­ter als vier­far­bige, meist acht­sei­tige, manch­mal 12- sei­tige und ab und ab und an sogar als 16-sei­tige Aus­gabe alle zwei Wochen in einer Auf­lage von 33.000 Stück gab. Der Nord­bote war super beliebt, brachte lokale Nach­rich­ten aus allen nörd­li­chen Stadt­tei­len und aus dem Süden Duis­burgs. Lokal­pa­trio­ten waren hier am Werk, mit Begeis­te­rung und Elan.

Der Beginn

Seit März 1996 kannte ich Diet­mar Oels­ner. Damals habe ich mich beim Nord­bote bewor­ben, der eine redak­tio­nelle Mit­ar­bei­te­rin für den Düs­sel­dor­fer Nor­den suchte. Wir tra­fen uns im Hotel Haus Litz­brück in Anger­mund bei einem Abend­essen, das fast drei Stun­den dau­erte. Wir hat­ten gute Gesprä­che und gleich einen Draht zuein­an­der. Wir tausch­ten uns über den Nor­den Düs­sel­dorfs aus, er erzählte mir von den Anfän­gen des Nord­bote, von sei­nen Plä­nen. Ich stellte rasch fest, dass Diet­mar Oels­ner ein Freund von guten Lebens­mit­teln war, Gast­lich­keit mochte und auch ver­go­re­nen Trau­ben- und Gers­ten­saft zu schät­zen wusste. Dem Anlass ent­spre­chend und in Maßen.

Ein gro­ßer Tierfreund

Es gibt Men­schen, die mit Tie­ren gut umge­hen kön­nen.  Bes­ser als mit Menschen.

Dazu zählte Diet­mar Oels­ner. Er begrüßte unse­ren ers­ten Hund Benny an der Tür, noch bevor er mir guten Tag sagte. Benny mochte ihn. Er hatte viele Jahre ein Pferd auf dem Bro­cker­hof, das sehr alt wurde, weil er es lie­be­voll gepflegt hatte. Wie oft sah ich ihn mit sei­nem Pferd Bur­schi stun­den­lang am Rand des Hofes gra­sen, weil er nicht mehr zu rei­ten war. Diet­mar Oels­ner trug im Umgang mit sei­nen Tie­ren die Ruhe in sich, die er im Leben oft nicht hatte.

In unse­rer Fami­lie war er immer wie­der zu Gast. Ich wusste, dass der Kon­takt zu sei­nen Geschwis­tern nicht eng war. Ganz zu Anfang unse­rer Zusam­men­ar­beit, die von 1996 bis zum März 2024 wäh­ren sollte, mit eini­gen Unter­bre­chun­gen, ver­traute er mir ein­mal an, dass er aus dem Osten Deutsch­lands stammte, seine Eltern ihn nach­ge­holt haben. Die Art, wie er mir das erzählte, ließ mich spü­ren, dass das alles nicht ohne Kum­mer und Trä­nen abge­lau­fen war. Ich bin ein sen­si­bler Mensch und merke mir gern die Zwi­schen­töne im Gespräch.

28 Jahre Zusammenarbeit

In unse­rer 28 Jahre lang  wäh­ren­den Zusam­men­ar­beit, in der wir sehr viel Fleiß in den Nord­bote inves­tiert haben – und auch ganz viel Freude, weil Kom­mu­na­les für die Men­schen vor Ort wich­tig ist – haben wir uns oft um Kopf und Kra­gen gere­det, gestrit­ten, gefoch­ten und uns ver­tra­gen. Den Nord­bote voran zu brin­gen , das war unser gemein­sa­mes Ziel.

Meine Fami­lie kannte er, zu run­den Geburts­ta­gen war er ein­ge­la­den. Meine Mut­ter, die an dem Tag, als er starb, 90 Jahre alt wurde, hat ihn man­ches Mal in den ver­gan­ge­nen Jah­ren zum Früh­stück ein­ge­la­den. Diet­mar Oels­ner war gesel­lig und mochte die Men­schen, auch wenn es ihm nicht leicht­fiel, auf sie zuzugehen.

Zu sei­nen Eltern hatte er ein enges Ver­hält­nis. Seine Mut­ter starb am 1. Weih­nachts­tag 2010, in den dar­auf­fol­gen­den Jah­ren besuchte er mehr­fach pro Woche sei­nen Vater und sie aßen zusam­men. Begeis­tert erzählte er mir von des­sen Koch­küns­ten. Wie gesagt: Diet­mar Oels­ner war ein Freund der guten Küche, auch der Haus­manns­kost. Er liebte Kar­tof­fel­sa­lat und Fri­ka­del­len. Auch Rin­der­fi­let. Alles zu sei­ner Zeit.

Mor­gens ging er gern früh­stü­cken. Mit­tags ging er gern essen. Er müsse ab und an ein­fach mal raus und Leute sehen, sagte er dann. Seit sechs Jah­ren hatte er einen Schä­fer­hund, Amigo. Sein bes­ter Freund. Die bei­den waren unzer­trenn­lich, Amigo ging ohne Leine an der Haupt­straße und hörte auf’s Wort. Diet­mar Oels­ner war ein Tierfreund.

Das Team

Im Laufe der Jahre wuchs sein Nord­bote-Team. Wir waren ins­ge­samt vier, manch­mal fünf, die alle zwei Wochen eine Aus­gabe stemm­ten.  Corona haben wir über­stan­den, Kon­kur­renz abge­wehrt, alle Stürme ausgehalten.

Diet­mar Oels­ner hatte immer ein gutes Gespür für Nach­rich­ten, die die Men­schen vor Ort inter­es­sie­ren. Und er hatte stets ein gutes Gespür für treue Mitarbeiter*innen.

Dass er die Print­aus­gabe in die­sem März ein­stel­len musste, weil auch das Anzei­gen­auf­kom­men rapide zurück­ge­gan­gen und die Druck­kos­ten immens gestie­gen waren, hat sein Herz gebrochen.

Denn neben Amigo war der Nord­bote sein Leben. Mehr als 30 Jahre lang.

Und so über­rascht es nicht, dass alle Men­schen, die von sei­nem plötz­li­chen Tod am 6. Juni erfah­ren haben, als ers­tes fra­gen: Was ist mit Amigo? Er ist gut unter­ge­bracht, höre ich. Ein klei­ner Trost.