Manfred Kirschenstein blättert in seinem Kirmesplan. Das Blatt Papier hat schon bessere Tage erlebt und gleicht eher einer historischen Schatzkarte, gebrochen an den Falzkanten mit einigen Löchern. Nur das „Vergilbte“ fehlt. „Hier wird gearbeitet“, lacht der Platzkommissar der großen Düsseldorfer Kirmes. Ein Blick in die Runde macht jedoch deutlich, hier wird noch schwer geschuftet.
In zwei Tagen startet die große Düsseldorfer Rheinkirmes und noch immer stehen nicht alle Fahrgeschäfte und Buden auf ihrem Platz. Mal steht ein Kran im Weg, mal blockiert ein Lkw die Zufahrt oder ein Zugwagen rangiert auf den Wiesen. Trotzdem ist dies der richtige Zeitpunkt, um eine erste von zukünftig weiteren zahlreichen Runden über den Kirmesplatz zu drehen. Freilich stehen dabei die Neuheiten und Attraktionen im Vordergrund. Vorab: Bis auf die Eisdiele Dr. Icecream, die erstmals am Rheinufer mit Süßem und Leckerem lockt, halten sich die Schausteller der Kirmesneuheiten mit den Fahrpreisen bedeckt – bis auf eine Ausnahme.
Tom, der Tiger heißt die Kinderachterbahn von Adriana Wagner. Für groß und klein gilt der Einheitspreis von vier Euro. Dafür können bereits Kinder ab einem Jahr mit einer Begleitperson ihre Runde drehen. Ab sechs Jahren dürfen die Kiddies allein über Berg und Teil fahren. Rasanter und beileibe nichts für kleine Kinder ist der „Airborne“. Das bis zu 125 km/h schnelle Geschäft liefert gleich seine wahre Bestimmung im Untertitel mit. Der lautet nämlich „Flight of Madness“. Verrückt muss der magenstarke Kirmesfan schon sein, wenn er sich mit maximal 31 weiteren Personen an den Enden des Propellers für rund vier Minuten auf eine Höhe von 45 Metern wie im Vollwaschautomaten durch die Lüfte schleudern lässt. Acht bis neun Euro lautet der Preis für diese Tortur.
An dem Hochfahrgeschäft, der Kirmesneuheit „360 Grad“, kommt dieses Jahr niemand vorbei. Dieser Turm ist die Landmarke der Rheinkirmes und dreht seine ruhigen und entspannten Runden in rund 68 Metern Höhe. „Es ist der höchste mobile Skylift der Welt“, erzählt Eigentümer Franz-Thomas Schneider mit Stolz. Dabei präsentiert er sein Geschäft wie ein geübter Promoredner, sprich Rekommandeur. Auf alle Fragen kennt er die Antworten, selbst als sein Fahrgeschäft laut quietschend abrupt abbremst, erklärt er ruhig: „Bremsen- und automatischer Stopptest!“, erzählt weiter, dass jede der vier Kabinen eine Gegensprechanlage besitzt, sollte es einem Fahrgast angesichts der Höhe vielleicht übel werden. Auf alle Fragen? Nun, 20 Fahrgäste pro Kabine, sieben Minuten dauert der Höhenflug samt Auf- und Abstieg, ein Audioguide, der Geschichten und Geschichtchen über Düsseldorf und die Kirmes erzählt, doch eine Frage lässt er unbeantwortet, die nach dem Preis. „Der entscheidet sich erst am Freitagvormittag“, sagt er.
So setzt sich der Kirmesbummel fort. Kleinere Geschäfte, die ihren Platz gefunden haben, verbergen ihr Innenleben durch herabgelassene Rollladen, an wenigen Geschäften wird geputzt, meistens wird noch gehämmert, gebohrt oder Nieten in die entsprechenden Öffnungen geschlagen. Insgesamt werden neun Geschäfte eine Premiere in Düsseldorf feiern.
Am Freitag startet der Rummel, täglich ab 14 Uhr. Achja, Freizeitpark und Kirmes zu vergleichen und dabei eine Gegenrechnung aufzumachen, ist Birnen mit Äpfeln zu vergleichen – Kirmes ist nämlich viel schöner.
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